Die besten Araber im Turniersport

Die FN-Ranglisten sind nach wie vor die beste Möglichkeit, Sportpferde in den klassischen Disziplinen miteinander zu vergleichen. Dank der langjährigen Aufzeichnungen lassen sich aber auch noch andere Rückschlüsse über den “Arabersport” in Deutschland ziehen – und es sieht leider nicht rosig aus.

Im vergangenen Jahr haben 30 Vollblutaraber auf den Turnierplätzen Deutschlands ihr Können unter Beweis gestellt – nicht gerade viele, gemessen an der Gesamtpopulation der Vollblutaraber in Deutschland. Die TOP TEN wollen wir Ihnen vorstellen.

Vollblutaraber

Auf Rang 1 (letztes Jahr Rang 7) liegt Haifi El Sorrento (v. BS Specific), bei dem die Verbesserung zum Vorjahr besonders deutlich zu sehen war und der mit seiner Reiterin und Trainerin Susanne Hoyler einen großen Schritt vorwärts gemacht hat. Das wurde bereits in Salzkotten deutlich, wo die beiden die M-Dressur gewannen. Dieser Sieg hat alleine 77 der insgesamt 208 Ranglistenpunkte auf’s Konto gespült, die nötig waren, um dieses Jahr die Spitzenposition unter den Vollblutarabern einzunehmen. Weitere Erfolge waren ein erster Platz in der L-Dressur (auf Trense) in Salzkotten und ein vierter Platz in Aachen, sowie ein 5. Platz in der L-Kür (auf Kandare) in Aachen, als bester Vollblutaraber.
Auf Rang 2 (letztes Jahr Rang 1), aber mit deutlichem Abstand, landete El Samalon (v. El Nabila B) mit seiner Reiterin Manja Höhne, der nur zwei Turniere 2015 bestritten hat. Mit einem Sieg in der L-Dressur (auf Trense) in Aachen, sowie etlichen Platzierungen auf L-Niveau und einem 6. Platz in der L-Kür in Aachen (hinter Haifi El Sorrento) schloß er die Turniersaison ab. Insgesamt allerdings steht er mit 1622 € auf Platz 7 der Vollblutaraber mit der höchsten Lebensgewinnsumme, was schon eine besondere Erwähnung Wert ist. Alle anderen Pferde vor ihm sind nicht mehr aktiv im Sport, so dass er auch noch die Möglichkeit hat, den einen oder anderen Platz weiter nach vorne zu rücken.
Auf Rang 3 (letztes Jahr noch Rang 8) folgt dann der Springcrack Al Ashar (v. Ashur), der nicht nur immer wieder über seine Sporterfolge von sich reden macht, sondern auch als Zuchthengst – erst kürzlich wurde er vom Zuchtverband Weser-Ems für die Ponyzucht gekört. Außerdem steht er derzeit auf Station im Landgestüt Dillenburg, wo er hoffentlich ebenfalls als “sportlicher Veredler” Einsatz findet. Seinen reiterlichen Einsatz hatter er unter Joelle Celine Selenkowitsch auf zahlreichen Turnieren, wobei die Siege in A**-Prüfungen in Ringstedt (27 Teilnehmer) und Ostercappeln (24 Teilnehmer) sicherlich zu den Highlights der Saison gehören. Al Ashar ist bereits seit 2010 im Turniersport unterwegs, früher auch in der Vielseitigkeit, und hat eine Lebensgewinnsumme von über 1000 €.


Auf Platz 4 (letztes Jahr Rang 6) liegt die beste Stute im Lot: Djamila Bint Halim (v. Halim I) unter ihrer Reiterin Ria-Samira Speer. Auch dieses Paar ist bereits seit 2010 zusammen im Springparcours unterwegs, dieses Jahr mit zwei Siegen in A**-Prüfungen in Hülsen (30 Teilnehmer) und Heiligenfelde (28 Teilnehmer). Auch Djamila hat bereits eine Lebensgewinnsumme von über 1000 €.
Auf Rang 5 ist das “New Kid on the Block”: Der 7jährige Schimmelhengst GG Midnight Silver (v. El Sid) gab mit Reiter Andre Weber einen fulminanten Beweis seiner Springbegabung mit einem Sieg im M-Springen, was ihm 77 Ranglistenpunkte einbrachte. Für einen Vollblutaraber eine mehr als beachtliche Leistung, auch wenn das Starterfeld klein war, denn die Konkurrenz bestand aus Warmblütern und Partbreds. Besitzerin Alexandra Gerhard startete mit ihrem “Erwin” in Prüfungen der Einsteigerklasse und buchte damit auch noch ein paar Pünktchen aufs Konto. Übrigens scheinen seine Kinder sein Springtalent zu erben – man darf gespannt sein!
Auf Rang 6 (letztes Jahr Rang 5) liegt No Doubt (v. Fargo) mit Reiterin Jasmin Fischer, der vor allem in Dressurprüfungen bis Kl. L unterwegs war, aber auch – als eine der ganz wenigen – bei einem Stilgeländeritt mitmachte.
Auf Rang 7 (letztes Jahr Rang 4) finden wir Gordon Chamway (v. Gaylord I) unter seiner Reiterin und Besitzerin Christine Pape. Diesen 7. Platz haben die beiden mit nur zwei Starts in der Turniersaison 2015 geschafft, darunter ein Sieg in der Dressur Kl. L (Kandare) in Salzkotten.
Neu in der Top Ten ist der aus polnischen Linien gezogene Wallach Escalero (v. Pyrrus) auf Rang 8, der mit Karolin Otto und Besitzerin Daniela Klein im Sattel diese Saison unterwegs war. Er ist ein Allrounder der im letzten Jahr auch an Geländeritten startete, dieses Jahr aber ausschließlich im Dressurviereck zu sehen war.
Ebenfalls neu hinzugekommen und auf Platz 9 gelandet ist die 9jährige Ägypterstute Wasa Azali Ayar (v. Wases Mohafez Mashari), die mit ihrer Besitzerin Alexandra Brecht in Spring- und Dressurprüfungen unterwegs war. Ein Sieg in der Stilspringprüfung Kl.A* in Winnenden (22 Teilnehmer) brachte ihr die meisten Punkte ein.
Last, but not least ist auf Platz 10 Hadsh Hafeed Naheed (v. Ben Hur Ibn Naheed) zu nennen, ein 14jähriger Schimmelwallach, der mit Besitzerin Victoria-Elisabeth Jörns in E und A-Dressuren unterwegs war – allerdings recht erfolgreich, so hatten die beiden in Salzkotten nur zweite und dritte Plätze zu verzeichnen.
Tabelle Vollblutaraber

Kommentar

Die Situation des Vollblutarabers im Turniersport ist nüchtern betrachtet nicht gerade rosig. Wirft man einen Blick auf die Zahlen seit 2008 (weiter zurück lassen sich die Pferde mit Jahresgewinnsumme nicht der Datenbank entlocken), dann haben sich die Zahlen der an Turnieren teilnehmenden Pferde (und die Preisgeld gewonnen haben), seit 2008 von 42 (Höhepunkt 2009 mit 44) auf 30 im Jahr 2015 reduziert. Das ist ein Verlust von 28%.
Die Ursachen, die dieser Entwicklung zugrunde liegen, sind sicherlich vielschichtig, und reichen von falscher Zuchtwahl über fehlende, geeignete Reiter, bis hin zu mangelnder bzw. falscher Förderung des Sportsektors mittels des Verbandes.
Der erstgenannte Grund, die Ausrichtung auf den Schausektor und die damit einhergehende “Unreitbarkeit” der Produkte ist ein weitverbreitetes Vorurteil, aber lässt sich in dieser “Absolutheit” nicht aufrechterhalten. Sowohl Haifi El Sorrentos Vater BS Specific (Europa-Champion, 3. im Welt-Championat und Französischer National-Champion), als auch El Samalons Vater El Nabila (Brazilian und US National Champion) sind bekannte Champions im Schauring. Schaut man bei den anderen Pferden weiter hinten im Pedigree, tauchen auch hier vielfach Schau-Champions auf. Insbesondere in Deutschland, wo die Schaupferdezucht nur von einigen wenigen Gestüten wirklich konsequent betrieben wird, kann man nicht behaupten, dass die Zucht insgesamt darunter leiden würde. Die mangelnde Motivation, den Vollblutaraber auf Turnieren vorzustellen, liegt vielmehr in der Tatsache, dass der Araber mit seinem engeren Rahmen rassetypisch einen anderen Bewegungsablauf in Dressurprüfungen zeigt, und es damit schwer hat, in der Gunst der Richter zu punkten. Damit bleiben auch die wirklich guten Reiter dem Araber fern. Denn hat ein guter, sensibler Reiter erst einmal einen (guten) Araber geritten, dann ist er oft von dessen Arbeitswillen und schneller Auffassungsgabe begeistert. Um diesem Dilemma zu entkommen bräuchte es “geschützte” Prüfungen, die dem Vollblutaraber vorbehalten sind. Dazu aber ist die Verband nicht in ausreichendem Maße bereit, und damit wird die Abwärtsspirale auch nicht aufzuhalten sein, denn die Spezialisierung, die wir in der Araberzucht in Richtung Schau- und Rennpferdezucht beklagen, gibt es auch im Turniersport, auch die Dressurpferde werden immer “spezialisierter”; da kann – und soll! – kein Araber mithalten können, denn wir wollen keine Araber mit dem Bewegungsablauf eines Totilas. In gleichem Maße, wie der normale Turniersport immer eine Notwendigkeit sein wird, um Erfahrungen zu sammeln, braucht der Vollblutaraber – bzw. seine Reiter – auch seinen “geschützten Bereich”, um ein Erfolgserlebnis zu haben. Die Absage des Europa-Championats in Holland ist in dieser Hinsicht ein weiterer Schlag ins Kontor und der Sache in keinster Weise förderlich.

Shagya-Araber

Bei den Shagya-Arabern sind 2015 genau zehn Pferde erfolgreich im Turniersport unterwegs gewesen, so dass alle in die Top Ten gekommen sind. Die Siegerin in unserer Top Ten ist die letztjährige Siegerin: Roxana (v. Occident), eine 15jährige Schimmelstute, unter Eike Sehrich und Ina-Charlotte Weber. Ihre Stärke liegt eindeutig im Springen, wo sie zahlreiche Siege verbuchen konnte, bis hin zu A**-Prüfungen, und auch in Stilspringprüfungen machte sie mit ihrer jeweiligen Reiterin eine gute Figur. Mit ihrer Lebensgewinnsumme von 1308 € liegt sie auf Platz 19 aller Shagya-Araber.
Zum ersten Mal in 2015 im Turniersport unterwegs war der 8jährige Shagya-Wallach Mozart (aka Madoxx) (v. Mersuch XIX-68) unter Isabelle Grandke. Die beiden konnten etliche Platzierungen in Springprüfungen der Kl. A* und A** erreichen, und sich – wenn auch mit deutlichem Abstand – hinter Roxana einreihen.
Ebenfalls dem Springsport zugetan ist Santiago (v. Samurai) unter seiner Besitzerin Bettina Bauer. Hier schlug insbesondere ein Sieg in einer Springprüfung Kl. A** positiv zu Buche – mit nur vier Starts erreichten die beiden 30 Punkte und damit Platz 3. Sie sind zum ersten Mal in der Top Ten.
Der schon seit vielen Jahren im Dressursport aktive Salazar S (v. Shagan) landete mit seiner Reiterin Vivien Orgis auf dem vierten Platz. Ein dritter Platz in einer Dressurprüfung A** war ihre beste Platzierung.
Der auf dem 5. Platz rangierende Diamant (v. Puschkin R) unter Jonathan Marquardt hatte dieses Jahr nur eine einzige Prüfung absolviert, bei der die beiden einen 2. Platz in einem A**-Springen erreichten. In Bezug auf die Lebensgewinnsumme rangiert Diamant auf Platz 22, nur einen Platz hinter seinem Vater Puschkin R.
Die restlichen Pferde entnehme man bitte der Tabelle.
Die Tabelle der Shagya-Araber mit der höchsten Lebensgewinnsumme führt übrigens eine Stute an: Esdrillja, Jahrgang 1983 – ein Springtalent wie ihr Vater Bajar – sie gewann in ihrem Leben 4339 €, dicht gefolgt von dem bekannten Deckhengst Galan (v. Gadar) aus der Zucht von Holger Ismer, dessen Vater Gadar auf Platz 18 rangiert.
Tabelle Shagya-Araber

Anglo-Araber

Nachdem letztes Jahr der “Übervater” der Anglo-Araber, Bonaparte N, in den Ruhestand verabschiedet wurde, wurde der erste Platz endlich für die “Nachrücker” frei. Die Chance ergriff Shandor AA (v. Sheikh Mandu ox), der unter Jennifer Bluhm in Springprüfungen bis Kl. M unterwegs war, und nie schlechter als Rang 5 abschnitt. Er konnte sich mit 165 Ranglistenpunkte an die Spitze der TOP TEN der Anglo-Araber setzen.
Ihm folgte mit geringem Abstand Nabucco AA (v. Najeeb AA), dessen Araberanteil über seinen Großvater Radautz kommt, ein Shagya-Araber. Er startete unter Ann-Kathrin Horst-Sauer insbesondere in der Vielseitigkeit, und belegte als bestes Ergebnis im CIC* International einen beachtlichen 14. Platz von 50 Startern. Der 13jährige Hengst hat offensichtlich mit neuer Reiterin zu neuer Form gefunden.
Tabelle Anglo-Araber
Auf Platz 3 rangiert die 10jährige Stute Hera AA (v. Heraldik xx), die mit Bagdad ox einen Vollblutaraber zum mütterlichen Großvater hat. Die Stute war unter ihrem Reiter Jakob Obermeier richtig “fleißig” beim Punktesammeln in über 20 Prüfungen im Bereich Vielseitigkeit und Springen. Ein Sieg im Springen Kl. L und im Gelände Kl. A waren die Belohnung, neben vielen Plazierungen.
Rang 4 geht an Haskar del Chapulin AA (v. Askar AA), der eine Vollblutaraberstute zur Mutter hat. Unter seiner Reiterin Bianca Klügel war er im Springparcours unterwegs, unter Ajaneli Ellen Ramos-Hansen im Dressurviereck. Unter den TOP TEN Pferden aus 2015 war er in Bezug auf die Lebensgewinnsumme an erster Stelle, insgesamt auf dem 29. Platz aller Anglo-Araber.
Auf dem 5. Platz folgte Neskwik AA (v. Noble Roi xx), dessen Pedigree sehr vom Englischen Vollblut geprägt ist, mit einem Spritzer Shagya-Blut über Radautz. Auch er ging unter Cesalie Voigts in Springen und Gelände, wo sie in letzterem bis Kl. A* in den Stilprüfungen siegreich oder hochplaziert waren.
Von diesen fünf Spitzenpferden waren vier auch in der Vielseitigkeit unterwegs, was ja ursprünglich auch die Domäne dieser Rasse sein sollte. Auch hatten zwei Pferde 50% Vollblutaraberanteil, einer 25% – was ein Hinweis darauf sein sollte, dass man keine Angst vor Vollblutaraber-Blut in der Anglo-Araberzucht haben sollte.
Gudrun Waiditschka