Geld regiert die Welt

Ich erinnere mich noch gut an die erste FEI-Weltmeisterschaft im Distanzreiten 1998 in Dubai. Damals war sozusagen die Welt noch in Ordnung, der Ritt führte durch malerische Wüstenlandschaften, die US-Amerikanerin Valery Kanavy siegte auf High Winds Jedi mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 17,7 km/h, Amateure hatten noch eine echte Chance und der Einstand für den Distanzsport als neue Disziplin im Reigen der FEI-Sportarten war erfolgreich bestanden. Heute, 20 Jahre später, hat sich die Geschwindigkeit bei Wüstenrennen auf ca. 25 km/h gesteigert, wird der Distanzsport durch Skandale und tote Pferde definiert und die FEI überlegt sich, ob sie nach dem Debakel bei den World Equestrian Games in Tryon (siehe Seite 60) den Distanzsport aus dem Reigen der WEG wieder herausnehmen soll. Das viele Geld, das in diese Disziplin gepumpt wurde, die Professionalisierung, die dadurch möglich wurde, hat den Sport zugrunde gerichtet.
Die Parallelen zu anderen Bereichen des Pferdesports sind unübersehbar. Auch der Galopprennsport mit arabischen Pferden wurde durch viel Geld erst salonfähig gemacht, und dann – als eine Steigerung der Geschwindigkeit und damit ein Sieg immer schwieriger wurden – dies mit Pferden zweifelhafter Abstammung erreicht. Das viele Preisgeld, Ruhm und Ehre im Falle eines Sieges, ließ einen über so manchen Zweifel im Pedigree hinwegsehen. Wer diesen Trend nicht mitmachen wollte, hatte schon verloren. Heute hat ein großer Teil der Araberliebhaber diesem Sport den Rücken gekehrt, sie können sich mit dem “modernen Rennaraber” nicht anfreunden und verzichten dann lieber ganz.
Und natürlich sind auch die Schauen betroffen, auch hier geht es um Geld, Ruhm und Ehre. Viel wird derzeit über Interessenskonflikte geredet, über Sponsoren, die Einfluß auf Organisation und Offizielle nehmen, aber wirklich lebensrettende Maßnahmen für die Schauen werden nicht ergriffen. Das “Top-End” hat sich längst von den “Grassroots” abgekoppelt und vielfach bestehende Strukturen zerstört.
Vielleicht sind wir Deutschen ja die neuen Trendsetter: Weniger als 10 % der deutschen Züchter geht auf Schauen, kaum einer, der an einer der großen Schauen noch teilnimmt. Der Rennsport mit arabischen Pferden existiert nicht mehr, und im Distanzsport sind es auch nur eine Handvoll Reiter, die diesen Sport professionell betreiben. Vielleicht müssen wir uns in allen Bereiche wieder mehr auf den “Breitensport”, auf die Amateure konzentrieren – das heißt ja keineswegs, dass die Qualität der Pferde und des Sports deshalb schlechter sein muß, im Gegenteil! Ich sehe hier Vorteile für die Zucht, die sich dann wieder auf andere Kriterien konzentrieren kann, als nur dem “Typ” zu huldigen und der Distanzsport könnte sich auf seine alten Werte “angekommen ist gewonnen” konzentrieren – eine Entwicklung, die allen Bereichen der Araberszene gut tun würde.
Gudrun Waiditschka