Der Araber als Veredler

Der Araber als Veredler über den “Umweg” Partbred

An der diesjährigen ZSAA-Körung haben die Arabisch-Partbreds zahlenmäßig bei weitem überwogen. Grund genug, beim Vorsitzenden des ZSAA, Ahmed Al Samarraie, nachzufragen, was es mit dieser relativ neuen “Rasse” auf sich hat, wozu sie dient – und wo die eigentlichen “Kernrassen” des Verbandes bleiben.

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Arabische Pferde IN THE FOCUS: Herr Al Samarraie, die letzte ZSAA-Körung war für Freunde des arabischen Pferdes insofern enttäuschend, da nur vier Vollblutaraber- und zwei Anglo-Araber-Hengste vorgestellt wurden, dafür gab es aber 19 Partbred-Hengste der verschiedensten Zuchtrichtungen. Was halten Sie von dieser Entwicklung?
Ahmed Al Samarraie, ZSAA Vorsitzender: Nun, ganz zufrieden kann mich die „Rasseverteilung“ des diesjährigen Körlots natürlich nicht stimmen, denn dafür fehlten die Shagya-
Araber und auch bei den Vollblutarabern hätte ich mir eine stärkere Beteiligung gewünscht. Allerdings bin ich mit der Präsenz der Hengste aus beiden Arabisch-Partbredgruppen durchaus einverstanden und wir hatten sogar mal wieder zwei Anglo-Araber dabei, die ja beide gekört wurden.

Riverdance APb-Spezial (Rheingold / Psyches Imperia ox), *2011, Züchter: A. Scheele, Visselhövede Besitzer: ZG Scheele u. Intemann, Visselhövede Foto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

Riverdance APb-Spezial (Rheingold / Psyches Imperia ox), *2011
Züchter: A. Scheele, Visselhövede
Besitzer: ZG Scheele u. Intemann, Visselhövede
Foto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Worin sind die Ursachen zu suchen, dass keine Shagya-Araber-Hengste anwesend waren?
Ahmed Al Samarraie: Das liegt an mehreren Faktoren. Zum Einen hatten wir in Deutschland in den letzten Jahren schwache Fohlenzahlen bei den Shagya-Arabern. Beim VZAP waren es in den letzten Jahren unter zwanzig Fohlen, beim ZSAA hatten wir meist zwischen 20 und 35 Fohlen. Zum Anderen kommt hinzu, dass es insgesamt in der deutschen Shagya-Araberzüchterszene zu einem Rückgang der aktiven Züchter gekommen ist, altersbedingt, aus Gründen der fehlenden Nachfolger oder wegen Zuchtaufgabe allgemein. Zu aller Letzt, will der Gang zur Körung mit anschließender Hengstleistungsprüfung auch unter dem Aspekt des Zuchteinsatzes wohl überlegt sein.

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Von den vier Vollblutaraber-Hengsten erhielt nur einer das Prädikat „gekört“. Was raten Sie Hengsthaltern, die ihren VA-Hengst vorstellen wollen? Worauf achtet die Körkommission speziell beim Vollblutaraber als Veredler für andere Pferderassen?
Ahmed Al Samarraie: Neben den üblichen Kriterien, wie einem guten Rasse- und Geschlechtstyp, sollte das Gebäude über einige bedeutende Partien verfügen. Starke Unterhälse oder eine sehr gerade, wenig gewinkelte Hinterhand sind da eher hinderlich. Auf ein solides Fundament legen wir Wert, kleinere Verstellungen oder Hufungleichheiten werden auch entschuldigt, wenn Gelenkgröße, Röhrbeinlänge und eine allgemeine Trockenheit erkennbar sind. Der Hengst sollte einen ruhigen schreitenden Schritt zeigen, wenigstens am Sonntag auf dem Dreieck, da ist dann schon die meiste Unruhe durch die vorangegangenen Tage weg. Trab und Galopp erwarten wir im klaren Takt und mit aktiver Hinterhand und guter Balance/Selbsthaltung. Das Freispringen fließt mit einem siebtel Anteil in die Note ein, hier reicht ein vertrauensvolles rhytmisches Springen mit aufmerksamem Taxieren – auf die Endhöhe kommt es da nicht unbedingt an. Über allem steht aber ein gelassenes Interieur. Die jungen Hengste dürfen sich auch von der Stimmung anstecken lassen, sollten aber immer wieder Bereitschaft zeigen sich auf ihren Vorführer einzulassen. Das „dem Menschen zugewandte Wesen“ und seine Freundlichkeit zeichnen neben anderen guten Eigenschaften den Vollblutaraber aus. Das wollen wir dann auch sehen, zumal der Charakter eben auch die Bewegung beeinflusst.

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Wenn Partbreds dazu dienen sollen, Araberblut in die Warmblutzucht zu bringen, was nützt dann ein Hengst mit nur 18,75% Blutanteil? Sollte da nicht ein höherer Prozentsatz gefordert werden, z.B. 50%, um Pferden der „kritischen“ F1-Generation, die bei den Warmblutverbänden oft als zu klein gelten, und dort wenig Chancen haben gekört zu werden, zu helfen, in die Zucht zu gelangen?
Ahmed Al Samarraie: Die Frage ist doch, in welche Zucht sie gelangen sollen. Araberblut direkt in die Warmblutzucht zu bringen, bleibt doch heute einem verschwindend kleinen Teil vorbehalten. Meist sind es dann auch noch Anglo-Araber aus dem Ausland, in jedem Fall aber wollen die wenigen Warmblutzüchter, die diesen Zuchteinsatz betreiben, möglichst wenige phänotypische „Einschränkungen“. Wir wollen aber dem arabisch oder anglo-arabisch veredelten Reitpferd eine eigene Zuchtheimat bieten. Deshalb haben wir die Ursprungszuchtbuchregeln aufgestellt und führen diese heute gemeinsam mit dem VZAP. Dafür ist aber eine gewisse Populationsgröße notwendig und man muss alle geeigneten Pferde mit in die Zucht hineinnehmen. Also sowohl den 87,5%, der für hohe Blutkonsolidierung stehen kann aber auch einen 6,25% holsteinisch gezogenen Sporthengst, der in den Anhang zum Hengstbuch I gekört wird, um seine herausragende Springveranlagung und -technik weiterzugeben. In einer angestrebten Reinzucht mit einer großen Zahl zugelassener Veredler und einem offenen Zuchtbuch braucht es diese Bandbreite und eine entsprechende Selektion.

HAB Grand Couleur APb-Spezial (Klepholms Ikarios / Gondy)Züchter: H. Gründel, BelgienBesitzer: N. Gatermann, DuvennestFoto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

HAB Grand Couleur APb-Spezial (Klepholms Ikarios / Gondy), *2011
Züchter: H. Gründel, Belgien
Besitzer: N. Gatermann, Duvennest
Foto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Sie führen im Katalog immer den Prozentsatz „Blutanteil“ auf. Bei einigen Pferden besteht dieser aber mehrheitlich aus Englisch Vollblut. Sollte der ZSAA sich dann nicht umbenennen in „Zuchtverband für Sportpferde mit hohem Blutanteil“? Oder fallen bei Ihnen die Englisch Vollblüter unter „arabische Pferde“?
Ahmed Al Samarraie: Nein, natürlich nicht, wobei man natürlich nicht der Versuchung erliegen sollte, bis zum Ursprung zurückzugehen. Für die Eintragung in die jeweilige Abteilung der Zuchtbücher betrachten wir den arabischen Blutanteil, wobei der anglo-arabische Anteil voll angerechnet wird. Im Körkatalog dienen die Blutanteilsangaben der Orientierung, da bei manchen Hengsten die arabischen Vorfahren in der vierten oder fünften Generation auftauchen und sich die meisten Leser dann meist keine Vorstellung machen können, worauf denn die Zuordnung zurückzuführen ist. Als Beispiel dient der eine oder andere Trakehnerhengst, die mehrfach Burnus oder Fetysz im Pedigree führen, aber so weit hinten, dass sie im Pedigreeauszug im Körkatalog nicht mehr zu sehen sind. Da hilft dann eine etwaige Anteilsschätzung, die wir ja meistens mit größer/gleich angeben. Da wir natürlich auch den anglo-arabischen Blutanteil sehen, wird bei arabischem Blutanteil dann auch das englische Blut mitsummiert. Bei einem echten Halbblüter, also nur englisches Blut und Warmblut würden wir keinen Blutanteil ausweisen. Dies entspricht ja auch der Handhabung des englischen Vollblüters, der im Anglo-Araberzuchtbuch zugelassen ist. Anders wäre es ja auch nicht zu erklären, warum eine reine Englisch-Vollblutstute im letzten Jahr beim VZAP zur Elitestute erklärt wurde.

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Wozu dienen die Partbreds mit weniger als 12,5%, die im „Anhang“ geführt werden?
Ahmed Al Samarraie: Für beide Arabisch-Partbredzuchtprogramme sind unsere arabischen Rassen neben den anderen im heutigen Zuchtjargon als „Veredler“-Rassen als für die Zucht zugelassen, aufgeführt. Nun gibt es aber für die jeweiligen Zuchtprogramme Zuchtzieldefinitionen, die es sinnvoll erscheinen lassen, auch Hengste (oder Stuten) mit weniger oder nahezu gar keinem arabischen Blutanteil zuzulassen. Bei den Arabisch-Partbred Typ Deutsches Reitpferd (APb-DR) macht z.B. so ein bewegungsstarker Hannoveraner oder ein springbegabter Holsteiner dann Sinn, wenn er geeignet erscheint, diese speziellen Eigenschaften in der Anpaarung mit anderen höher im Blut stehenden APb-DR, weiterzugeben und so die Zucht insgesamt positiv zu beeinflussen.

Aramis APB-D. Reitpferd (Hamit AA / Ariane). *2012Züchter und Besitzer: M. Diepenkofen, MellenthinFoto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

Aramis APB-D. Reitpferd (Hamit AA / Ariane). *2012
Züchter und Besitzer: M. Diepenkofen, Mellenthin
Foto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Wie kam es zu der Idee, ein „Arabofriesisches Sportpferd“ zu züchten? Welchem Zweck dient diese Kreuzung?
Ahmed Al Samarraie: Diese Idee stammt ja nicht von uns. Bereits vor ca. 20-25 Jahren begannen einige belgische, niederländische und deutsche Züchter ausgesuchte Araberhengste mit friesischen Stuten anzupaaren. Die Motive waren neben einer Verbesserung von Gesundheit und Härte, auch die sportliche Nutzung des Friesenpferdes zu verbessern. Leistungsfähigkeit und höhere Ausdauer, bessere Fundamente und mehr Leistungswille waren die Ziele. In Aachen 2006 war ein belgisches Vierergespann Arabofriesen erfolgreich, mit reinen Friesen wäre das undenkbar gewesen. Hinzu kommt der relativ hohe Inzuchtgrad der Friesenpferde, denen man neue Gene hinzuführen wollte.
Arabische Pferde IN THE FOCUS: Und dabei spielt die Farbe keine Rolle?
Ahmed Al Samarraie: Doch schon, im Zuchtziel ist verankert, dass das Zuchtprodukt :“….. mit besonderem Augenmerk auf die phänologische Erscheinung des Friesen und der Leistungsanlagen des arabischen Pferdes hinsichtlich der Blutanteile eigenständig definiert wird…“. Wenn man aber eine etwas breitere Genetik wünscht, dies ist ein Motiv für diese Zucht, dann muss man gelegentlich auch Farbabweichungen in Kauf nehmen, wenn man z.B. einen qualitätvollen Schimmelhengst einsetzt, um dessen Eigenschaften in dieser Zucht zu verankern. Dessen Nachkommen kann man dann in der Anpaarung mit Rappen der gleichen Zuchtrichtung oder der Ausgangsrassen wieder auf die gewünschte Farbe selektieren.

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Früher wurden die „Kernrassen“ des ZSAA, also Shagya-Araber und Anglo-Araber, ggf. auch Vollblutaraber, durchaus erfolgreich in die Warmblut-Zucht eingekreuzt. Was hat sich geändert, dass diese Rassen (mit Ausnahme des AA) so selten in ihrer „Reinform“ in der Warmblutzucht Verwendung finden?
Ahmed Al Samarraie: Die gesamte Warmblutzucht hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Spezialisierung wird immer weiter getrieben, Körlots werden schon mit Schwerpunkt Dressur oder Springen zweigeteilt, die Leistungsprüfungen verlaufen auch disziplinorientiert. Hinzu kommen Markt beherrschende Standards, die von einigen wenigen gut bedient werden, die ein eher frühreifes oder ein schon weit „gefördertes“ Jungpferd benötigen. Die Mehrheit der Züchter macht dort mit und hofft auf ein Stück vom Kuchen. Nun sind unsere arabischen bzw. arabisierten Pferde meist Allrounder, mit einem Hang zur Spätreife. Die früher gern gesehenen Eigenschaften scheinen heute nicht mehr en vogue – sie werden von manchen ja sogar befürchtet. Hier kommen auch die von den Verbänden organisierten Veranstaltungen ins Spiel, die einen bestimmten Typ Pferd präferieren, der sich willig mit drei Jahren unterordnet und „bedienen“ läßt. Dies geschieht vor allem wegen der den Zuchtveranstaltungen häufig direkt angeschlossenen Verkaufsaktivitäten. Da könnte ein Sproß aus der Anpaarung mit einem unserer „Kernrassen“-Vertreter vielleicht nicht dem gewünschten Mainstream entsprechen. Aber es gibt eine erkennbare Schar Züchter in verschiedenen Warmblutzuchtverbänden, die das so nicht mehr ausschließlich wollen.
Dies ist auch ein Grund warum wir das Arabisch-Partbred „geboren“ haben und fördern.

Tausendschön (Totilas / Gucci), *2012 Züchter und Besitzer: D. Stippl, KarlsfeldG. Waiditschka / IN THE FOCUS

Tausendschön APb-D. Reitpferd (Totilas / Gucci), *2012
Züchter und Besitzer: D. Stippl, Karlsfeld
Foto: G. Waiditschka / IN THE FOCUS

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Für mich persönlich sind Partbreds keine „Rasse“, weil es keinen einheitlichen Rassestandard gibt und sie nicht durchgezüchtet sind und somit ihre Vererbung nicht vorhersehbar ist. Hat die Akzeptanz des Partbreds als eigenständige Rasse durch Zuchtbuch und Körung, etc., nicht dem Shagya-Araber und dem Vollblutaraber geschadet, und aus dem „Markt“ für Veredler gedrängt?
Ahmed Al Samarraie: Nein, das sehe ich nicht so. Das Arabisch-Partbred ist genauso eine Rasse wie das „Deutsche Sportpferd“. Es gibt sehr wohl einen definierten Rassestandard – siehe Zuchtziel. Auch bei den Arabisch-Partbred- Typ Spezialpferden (APb-SP) gibt es klar definierte Rassestandards. Alle brauchen immer wieder den qualitätvollen Vollblutaraber, Shagya-Araber oder Anglo-Araber – und hier wird er eben auch eingesetzt. Im diesjährigen Körlot wurden gekört: ein Sohn des Anglo-Arabers Hamit aus einer Warmblutstute und prämiert, zwei Söhne des Shagya-Arabers Koheilan Karcsi, (selber ZSAA-Verbandsprämienhengst) aus einer Hannoveraner-Stute, ein Sohn des im ZSAA gekörten englischen Vollblüters Rff the Alchimist aus einer Tochter des ZSAA Verbandsprämienhengstes Brioni – selbst Sohn einer Bagdad ox-Tochter -, sowie ein Enkel des Anglo-Arabers Kallistos aus einer Heraldik xx Tochter. Sie zeigen doch, wie gezüchtet wird.
Was meinen Sie mit „durchgezüchtet“ und „vorhersehbarer Vererbung“? Über unsere Zuchtwertschätzung können wir schon eine Erwartung an das geplante Fohlen formulieren. Außerdem zeigen uns einige Vollblutaraberzuchten mit einem auf „durchgezüchteten“ Linien ausgerichteten Konzept durchaus die Grenzen der Vorhersehbarkeit sonst würden wohl einige gravierende Schwächen züchterisch bearbeitet und nicht einfach nur hingenommen werden.
Der gesamte Pferdmarkt ist in Bewegung und wir tun gut daran, alles zu tun, um die Qualitäten unserer arabischen oder arabisierten Pferde weiterhin so gut es geht, zu erhalten und zu fördern.

Arabische Pferde IN THE FOCUS: Besten Dank für dieses Gespräch, Herr Al Samarraie.
(Die Fragen stellte Gudrun Waiditschka)