Arabische Pferde – IN THE FOCUS

Asil-Araber im Iran

Anläßlich seiner letzten Mitgliederversammlung hat der Asil-Club beschlossen, eine Gruppe von ca. 300 Gründerpferden aus dem Iran neu als „Asil-Araber“ anzuerkennen. Da die iranischen Araber hierzulande kaum bekannt sind, geben wir hier den Vortrag von Gudrun Waiditschka über die „Asil-Iraner“ in gedruckter Form wider.

Die „Grand Old Dame“

Man kann nicht über arabische Pferde im Iran reden, ohne Mary Gharagozlou und ihr Lebenswerk vorzustellen. Geboren 1927 als Tochter von Naqi Khan, einem Arzt, der aus einer langen Reihe persischer Grundbesitzer und Staatsmänner vom Stamm der Gharagozlou stammte, und der US-Amerikanerin Katherine Ladd, einer Bibliothekarin an der Universität von Baltimore, hatte Mary Einblicke in zwei Welten – den Orient und den Okzident. Sie heiratete Majid Bakhtiari, einen bakhtiarischen Stammesführer und wurde Irans führende Expertin für die Landwirtschaft in Trockengebieten. Sie arbeitete unermüdlich zugunsten der Nomadenstämme im gesamten Iran, lebte mit ihnen und diese zollten ihr den größten Respekt. Einige Jahre lang war sie auch Leiterin des iranischen Nomadenministeriums.

Es war ein spannendes, faszinierendes, aber auch schwieriges Leben da sie sich zeitlebens für die Nomaden einsetzte, diese aber der Regierung suspekt waren, landete sie auch das eine oder andere Mal im Gefängnis. Als sie ihren Mann Majid Bakhtiar heiratete, hatte dieser bereits ein Gestüt von seinem Vater geerbt. Durch ihn lernte sie die arabischen Pferde im Iran kennen, die ihre große Liebe und Passion werden sollten. Ihre Lebensleistung war dann die stutbuchmäßige Erfassung der arabischen Pferde im Iran, um sie von der WAHO anerkennen zu lassen. Dies gelang ihr nur dank ihrer herausragenden Vertrauensstellung unter den Nomaden, denn hier wie auch in anderen Ländern des Mittleren Ostens war die Nomadenbevölkerung sehr skeptisch dem Staat gegenüber und war nicht immer bereit, Auskunft zu ihren wertvollen Pferden zu geben oder diese gar brennen zu lassen, wie es die WAHO zur Identifizierung vorschrieb. Sie fürchteten, dass dies eine Methode der Regierung sein könnte, ihnen die Pferde wegzunehmen. So blieb das eine oder andere Pferd trotz aller Bemühungen von Seiten Mary Gharagozlous „außen vor“.

Pferderassen im Iran

Der Iran ist seit drei Jahrtausenden ein Vielvölkerstaat; dies gilt auch für die heutige Islamische Republik, deren ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt im Westen oft übersehen wird. Viele der Völker sind Nomadenstämme, einige davon züchteten auch Pferde. Daher sind im Iran mehrere Pferderassen heimisch, so das Kurdische Pferd im Nordwesten Irans, an der Grenze zur Türkei, das Dareshuri Pferd im zentralen und südlichen Zagros-Gebirge, die Turkmenen im Nordosten Irans, an der Grenze zu Turkmenistan, das Kaspische Pony am Kaspischen Meer und die arabischen Pferde („Asil-Iraner“) in Khuzestan, einer Provinz im Süden, angrenzend an den Irak.

Die Pferderassen im Iran und ihr geographi-
scher Ursprung / Horse breeds in Iran and their geographical origin:
Ku = Kurdisches Pferd / Kurdish horses
Ka = Kaspisches Pony / Caspian Pony
T = Turkmene / Turcoman
D = Dareshuri
A = Asil-Iranisches Pferd / Asil Iranian Arabian

Die Iraner selbst erkennen als „Asil-Iraner“ nur die Pferde an, die von den pferdezüchtenden arabischen Nomadenstämmen in Khuzestan abstammen, einen Stammesnamen oder „Strain“ besitzen und es muß bekannt sein, welcher Beduinen- (oder Nomaden-)Stamm diesen Strain einst besaß, denn wie in anderen arabischen Ländern auch gab es Familien, die als die „Besitzer eines Strains“ bekannt waren, weil Pferde dieses Strains seit mehreren Hundert Jahren in dieser Familie gezüchtet wurden.
Leider gibt es in der Literatur zahlreiche Mißverständnisse von bekannten Autoren, die über Persien und seine Pferde geschrieben haben. So hat z.B. General Tweedie das Kurdische Pferd als „Persischen Araber“ bezeichnet und auch Judith Forbis glaubte, das Dareshuri sei der Araber im Iran. Dem ist nicht so, denn diese Rassen wurden nicht von den arabischen Nomadenstämmen gezüchtet, sondern von persischen Stämmen.
Eine Ausnahme bilden die Bakthiaren, ein persischer Nomadenstamm, der aber schon vor langer Zeit arabische Pferde von den arabischen Stämmen gekauft hatte und mit diesen züchtete, nach den gleichen strengen Regeln – in Teilen sogar noch strenger – wie die Araber selbst.

Die arabische Nomaden im Iran

Die arabischen Nomadenstämme des Irans leben im Südwesten an der Grenze zum Irak (siehe rote Markierung in der Karte oben); es sind Teile der Beduinenstämme Al Kamees, Al Kassir, Beni Lam, Mir und andere. Diese Stämme sind bereits vor langer Zeit aus Mesopotamien nach Persien eingewandert und haben ihre arabische Lebensweise, ihre Zuchtprinzipien und ihre Religion beibehalten. Sie haben auch haben ihre „Strains“, d.h. ihre Pferdestämme beibehalten und weitergezüchtet.

Die Strains im Iran

In Tabelle 1 ist die Anzahl der asil-iranischen Pferde und ihre Verteilung auf die jeweiligen Stämme dargestellt. Derzeit gibt es 1213 Zuchttiere, die von der „Iranian Asil Association“ als „Asil-Iraner“ nach obigen Kriterien anerkannt sind.

Auffallend ist der größte Stamm, Wadne Khersan, mit über 400 Pferden. Aber dieser Stamm ist außerhalb des Irans kaum bekannt – woher kommt er also? Der Wadne-Khersan-Stamm wurde mit zwei Beduinen- (Nomaden-) Stämmen nach Persien gebracht, durch die Al Kassir und Mir-Beduinen. Ursprünglich aber kommt er aus dem Nedjd, wie eine Beschreibung von Lewis Pelly von 1865, darlegt. Er listet in seinem Buch „A Journey to Riyadh in Central Arabia“ (Eine Reise nach Riyadh in Zentralarabien) verschiedene Pferdestämme des Nedjd auf: Neben Saklawi Jedran, Koheilan Adjouz, Obayan Sherrak und Dahman Shahwan nennt er als fünften der bedeutendsten Stämme im Nedjd die Wadne Khersan!

Sepideh, eine Wadne-Khersan-Stute

Tondareh, eine Koheilan-Stuten in Rennkondition

Die zweitgrößte Gruppe im Iran sind die Koheilan, dann folgen die Hamdani Semri, Obayan und Saglawi.
Die Tabelle 2 zeigt, welche Stämme in Syrien, Iran, Bahrain, Saudi Arabien und Ägypten derzeit noch existieren. Syrien hat die größte Stammesvielfalt, dann folgen der Iran und Bahrain und zum Schluß Ägypten und Saudi Arabien. Das spiegelt sich auch in den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Genetik dieser ursprünglichen Populationen wider: Syrien, Iran, Bahrain und Saudi Arabien haben eine hohe genetische Diversität. Dies deutet auf große Nähe zum Ursprung der Rasse hin. In Saudi Arabien ist die Anzahl der (WAHO-anerkannten) stutbuchmäßig erfassten „Wüstenaraber“ aber sehr gering, weshalb auch die Stammesvielfalt abgenommen hat. Ägypten – als Nachzuchtgebiet – hat eine geringe genetische Diversität und verglichen mit den anderen Populationen eine hohe Homozygosität. Dies läßt sich leicht erklären, da Abbas Pascha sich aus Saudi Arabien nur einen kleinen „Ausschnitt“ aus dem tatsächlich vorhandenen Genpool geholt hat, diese Pferde waren nach seinem (Schönheits-)Ideal ausgewählt und so blieben Pferde mit anderen Eigenschaften in Arabien zurück. Mit diesem relativ kleinen Ausschnitt des Genpools wurde fortan weitergezüchtet, wobei durch züchterische Selektion auf einzelne berühmte Tiere der Inzuchtgrad erhöht wurde und die genetische Diversität weiter sank.
Wie die Tabelle auch zeigt, gibt es die Wadne Khersan nur im Iran. Auch die Djelfe (Jelfan, Julfan) scheint es nur noch hier zu geben, wenn auch in geringer Anzahl. Muniqis gab es früher auch in Ägypten, diese sind aber zwischenzeitlich dort ausgestorben.

Eigenschaften der Asil-Iraner

Populationen mit hoher genetischer Diversität sind optimal an ihre Umwelt und ihre Nutzung angepasst. Dies trifft auch für die Iranischen Araber zu.
Um Weideland für ihre Schafherden zu finden, unternahmen die Nomadenstämme bis in die 1970er-Jahre eine vertikale Migration vom Winterlager in den Ebenen Khuzestans zu den Sommerlagern in den Zagros-Bergen. Sie versuchten auf diese Weise den heißen Sommertemperaturen in Khuzestan zu entkommen und neue Weidegründe zu nutzen. Bei dieser Wanderung mußten Bergpässe von 3000 m überwunden werden, die Wegstrecke betrug einfach 300 km und wurde in etwa 5-6 Tagen zurückgelegt. Hengste und teilweise auch die Stuten wurden geritten, die Jungpferde liefen frei mit. Im Gegensatz dazu unternahmen die Beduinen Arabiens eine horizontale Migration, wobei sie dem Regen und den frischen Weidegründen folgten.
Aus diesen Anforderungen an die Pferde ergaben sich folgende Eigenschaften:
• Ausdauer
• Trittsicherheit
• Reiteignung
• Charakter

Den Iranern sind diese inneren Eigenschaften wichtiger als äußere Merkmale.
Wie aber kann man nun diese inneren Eigenschaften erhalten? Dies geht in erster Linie durch entsprechende Nutzung, bei der sich die Pferde bewähren müssen – oder eben auch nicht, und als Konsequenz scheiden sie dann aus der Zucht aus. Katharina Ghalavand und ihre Tochter Katayoun organisieren (nicht nur, aber auch) zu diesem Zweck Wanderritte in Khuzestan und in den Zagros-Bergen. Diese Ritte folgen auf den Spuren der Wanderungen der Nomaden. Sie wollen damit die Erinnerung an die alte Zuchttradition aufrechterhalten, aber auch ihre Zuchttiere auf diese Art einer „Leistungsprüfung“ unterziehen.
Eine andere Art der „Leistungsprüfung“ sind Rennen und Distanzritte. Leider laufen in den Rennen heute französische Rennaraber, die Distanzritte wurden wegen gehäufter Dopingfälle eingestellt.

Importe in den Iran

Auch der Iran blieb nicht von Importen verschont. Einer der ersten war Al-Alhagh, ein Geschenk des Königs von Jordanien. Sein Einfluß war gering, seine Herkunft nicht einwandfrei geklärt, er ist nicht in „asil-iranischen“ Pedigrees enthalten.
Aus den USA kamen Aegian Rooz *1966 und einige Stuten. Ihr Einfluß ist unverkennbar in der Typverbesserung, aber auch sie und ihre Nachkommen werden nicht als Asil-Iraner anerkannt.
Aus Deutschland kam Mobarak *1989, ein Ägypter, den Mary Garaghozlou von Dr. Nagel als Geschenk erhielt. Er hatte sehr großen Einfluß, aber er und seine Nachkommen werden nicht als Asil-Iraner anerkannt. Viele seiner Nachkommen zeigen den deutlichen Einfluß des Ägypters durch ein feineres Fundament, veränderte Gebäudemerkmale und Typausstrahlung.
In den letzten 5-10 Jahren wurden rund 700 Schau- und Rennpferde in den Iran importiert. Sie alle sind selbstredend nicht als Asil-Iraner anerkannt, aber sie stellen dennoch eine Gefahr für den Genpool dar, weil Asil-Stuten mit Schaupferdehengsten gekreuzt werden und dann der Fohlenjahrgang für die asil-iranische Population verloren ist.

Exporte nach Europa

1979 wurden einige Pferde aus dem Iran von Gustl Eutermoser und Ulrike Marcik für ihr Gestüt Schiefferegg in Österreich importiert. Das war vermutlich der größte Export in den Westen im letzten Jahrhundert. Es waren dies insgesamt zwei Hengste und neun Stuten. Das Gestüt Schieferegg befindet sich seit 1983 auf der Finca la Cañada del Robledo in Spanien, einem Landgut in Andalusien. Derzeit befinden sich hier 50 Pferde, die auf iranisch/ägyptische Linien zurückgehen, und eine rein-iranische Stute.

Genj Beik, ein iranischer Rennhengst war im Deckeinsatz in Spanien

Letztes Jahr kam durch Zufall ein Hengst aus dem Iran nach Europa, um an einem HARC-Rennen teilzunehmen: Ganj Beik (Shahad Mir Yazd / Yaghout Lorestan) *2010. Leider verletzte er sich, konnte also nicht am Rennen starten und war somit hier gestrandet. Daher deckte er 2019 im Gestüt Robledo – meines Wissens die erste „iranische“ Blutauffrischung seit rund 50 Jahren.
In Holland hat Brigitte Kilian iranisch/ägyptische Linien mit den beiden Stuten
• Wadnan-Soraya (Hadban-Mokhtar / DB Montasirah) *2013 und ihrer Tochter
• Wadni-Souheyli (v. Maarena Satins Image (SBE)) *2018.
Hanneke van Scheltinga kaufte die Stute Aanis Al Saltaneh von Mary Gharagozlou. Diese Stute hatte zwei Töchter:
• Negine (v. Inta) *1992 – mit Tochter Khashan (v. Jallad) *2003 ohne Nachzucht.
• Lajevard Al-Rockebestan (v. Haddad) *1989 mit Tochter Katayoun (v. Moshai), *2001 ohne Nachzucht
In Östereich hat Dr. Mauritsch die iranisch-ägyptische Stute
• Jima (Jallad / Bint Jezabel) *1999 – ohne Nachzucht

Situation im Iran heute

Die Iranian Asil Association (IAA) ist verantwortlich für die Reinhaltung des Genpools nach iranischen Standards, d.h. keine Einkreuzung von Pferden von außerhalb, auch nicht von Ägyptern. Das hat zu vielerlei Diskussionen geführt, weil das Blut von Mobarak stark verbreitet ist.
Mittlerweile organisiert die IAA Schauen (nach dem Vorbild Zuchtschau), Reitklassen und Rennen. Die Rennen qualifizieren als HARC-Rennen, jedoch ist es schwierig, Sponsoren zu finden. Die wirtschaftliche Situation ist derzeit insgesamt katastrophal für die Züchter, doch Pferde wie Ganj Beik und die Anerkennung der Asil-Iraner als „Asil-Araber“ durch den Asil-Club geben ihnen Hoffnung, dass dadurch vielleicht doch Interesse an Ihren Pferde entsteht.
Gudrun Waiditschka