Wie der Shagya-Araber nach Eritrea kam

Anfang Dezember wurden vom ungarischen Nationalgestüt Bábolna ein Minigestüt bestehend aus acht Shagya-Arabern und einem Huculen-Hengst nach Eritrea geliefert, in Begleitung von 1500 Hähnchen und 100 Kaninchen. Aufgrund der großen Entfernung war der beste Weg für die Tiere auf dem Luftweg, und so flog die kleine Truppe vom Flughafen Sármellék in einer kalten Dezembernacht ab. Wir führten mit Tamás Rombauer, dem Leiter des Babolnaer Gestüts, ein Gespräch über die Vorbereitungen, die Reise und die Pferdezucht dieses afrikanischen Landes, und wollen Ihnen hiermit einen kleinen Einblick hinter die Kulissen bieten.

Auslandsbeziehungen

„Die Firma Tetra Bábolna GmbH, zu der eine Geflügelzucht aber auch das Gestüt gehören, zeigte sich immer sehr kooperativ in Bezaug auf fremde Länder. So wurde auch schon früher Zuchtgeflügel nach Eritrea geliefert. Als ein Zeichen der Zufriedenheit äußerte das Fachpersonal dieses afrikanischen Landes auch ihr Interesse an der Pferdezucht. Sie besuchten das Gestüt und auf Einladung der afrikanischen Kunden reiste ich mit Gábor Csorba, dem Geschäftsführer der GmbH, nach Afrika, um dort die örtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten zuanschauen und ein wenig einen Überblick zu gewinnen. Dann schlug ich in einer Studie vor, was für Pferde, entsprechend dem afrikanischen Klima und beabsichtigter Nutzung, überhaupt infrage kommen dürften.
Die Hauptstadt Asmara liegt auf einer Höhe von 2325 Metern am Rand des Hochplateaus, das von hier steil in eine geologische Senke abfällt. Das Hochland ist von den Temperaturen her sehr angenehm, es gibt keine großen Temperaturunterschiede im Jahresverlauf, das einzige, das etwas Probleme macht, ist die Verteilung des Niederschlages im Laufe des Jahres.
Die auf dem Hochplateau lebenden koptischen Christen sind ausgesprochen tierliebend, sie kümmern sich um die Haustiere und die Viehhaltung, welche sehr funktional ist. Die Mechanisierung der Wirtschaft steht auf einem niedrigen Niveau. In der Landwirtschaft wird bis heute die Arbeit von Hand gemacht, das Ernten, Pflügen wie auch das Dreschen. Die Haustiere leisten dabei ihren Teil, beispielsweise die Ochsen beim Pflügen und die Pferde beim Transport, genauso wird für die Schweine- und Rindezucht fast alles mit Menschen- und Haustierkraft gemacht. Gerste wächste richtig gut und die verschiedenen Grasarten wachsen auch entsprechend der jeweiligen Niederschläge.

Die heimische Pferdezucht

Die einheimischen Pferde, die meistens Dongola- und arabische Vorfahren haben, werden in der Regel ohne Zuchtbuch gezüchtet und ziemlich früh zur Arbeit herangezogen, etwa wenn sie eine Widerristhöhe 120 cm erreicht haben. Man kann unterwegs überall sehen, dass vor dem flachen Pritschenwagen nur ein Pferd eingespannt wird. Es gibt keine ausgebildeten Menschen in der Landwirtschaft, aber sie kennen sich mit Viehzucht sehr gut aus. Sie arbeiten unglaublich viel mit den Ziegen und Rindern und weil sie offen, fleißig und gutmütig sind, werden sie auch lernen, wie man mit den Pferden umgehen muß. Ich denke, dass die Pferde in guten Händen sein werden.
Die Pferde suchten wir in Bábolna gemeinsam mit dem afrikanischen Pferde-Experten aus: sechs trächtige Shagya-Araber Stuten, zwei Shagya-Araber Hengste und einen Huculen-Hengst. Diesen Hengst hatten wir vom Nationalpark Aggtelek besorgt. Der Huculen-Hengst ähnelt den Dongola Pferden in Eritrea, vor allem in der Größe, aber auch, weil er anspruchslos ist, und das Geschirr annimmt und menschenfreundlich ist.
Es war eine Menge Vorbereitungen für die Ausreise der Pferde mit Flugzeug nötig. Der fünfstündige Flug war nicht so anstrengend, wie das Ein- und Ausparken und die strengen Kontrollen. Wie brachten Geschirr, Pferdekutsche, Zügel, Sattel, Elektro-Zaun und ein komplettes Werkzeugarsenal für die künstliche Befruchtung mit. Dies alles packten wir in Babolna ein, mußten es aber auf dem Flughafen in Sármellék wegen der strengen Kontrollen, die von den internationalen Richtlinien für Fluggesellschaften vorgeschrieben waren, sowie wegen Terrorschutz und Zollvorschriften wieder ausgepackt und nochmals eingepackt werden. Dieses Process dauerte Stunden! Die Pferde aber marschierten problemfrei in ihre Containerboxen und nach der Landung auch wieder heraus.

Wissenstransfer

In der Nähe von der Hauptstadt Asmara wurde eine Modellfarm mit Schweinen, Hühnern und Pferden erschaffen. Das ganze liegt in einem ehemaligen Gebäudekomplex im Kolonialstil, wo auch Veterinärstation zu finden ist. Nach der Übergabe von allen mitgebrachten Sachen zeigten wir dem Fachpersonal, wie ein Pferd mit eingeschirrt und vor die Kutschen gespannt wird. Der Zuständige begann bereits die Einschulung in Bábolna und drehte damal Videofilme wie Sperma genommen, wie man künstlich befruchtet, wie ein Pferd beschlagen wird – einfach über alles, was für Haltung und Pflege der Pferde wichtig sein dürfte.


Die Pferde aus Bábolna sind jung, lebhaft und gesund. Man kann gleich beginnen mit ihnen zu züchten und man kann hoffen, dass diese Pferde eube Reinzucht der Shagya-Araber in Eritrea etablieren können. Die Stuten sind trächtig von solchen Hengsten, die mit den beiden Hengsten keinerlei Verwandtschaft haben, so können alle Stuten später problemlos gedeckt werden. Die Menschen in Eritrea sind nicht nur gastfreundlich und offen, sondern auch entschlossen genug, so daß sie sehr schnell lernen. Und natürlich stehen wir jederzeit beratend zur Seite, wenn sie Hilfe brauchen sollten.“
Laszlo Király
(aus „Lovas Nemzet“ Magazin Februar 2018)