Wissen schafft Sicherheit

Das Arabische Pferd leidet nicht mehr oder weniger als andere Rassen unter genetischen Defekten, aber jede Rasse hat ihre spezifischen Erbkrankheiten, die der Züchter kennen sollte, um eine verantwortungsvolle Zuchtplanung machen zu können. Im nachfolgenden Artikel erläutert Alban Krösbacher die wichtigsten Erbkrankheiten beim Araber, oder solche Krankheiten, bei denen eine Häufung beim Araber vorkommt.

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Severe Combined Immunodeficiency

Über viele Jahrzehnte hinweg war die Severe Combined Immunodeficiency (SCID) ein ernsthaftes Problem für Vollblutaraberzüchter rund um den Globus und lieferte immer wieder Gesprächsstoff für kontroverse Diskussionen. Erstmals beschrieben wurde diese Krankheit im Jahre 1973 in Australien an zwei Vollblutaraberfohlen, die einer wiederholten Anpaarung desselben Hengstes mit derselben Stute entstammten. Bereits damals wurde festgestellt, dass beide Fohlen einen Defekt im Abwehrsystem zeigten, welcher die B und T Lymphozyten betraf. Einen wichtigen Fortschritt in der Aufklärung von SCID wurde gemacht, als nachgewiesen werden konnte, dass es sich hierbei um eine autosomal rezessive Erbkrankheit handelt. Diese Erkenntnis war für den Umgang mit diesem tödlich verlaufenden Gendefekt von großer Bedeutung, da man fortan wusste, dass es nur zur Geburt eines kranken Fohlens kommen kann, wenn beide Eltern Träger dieser Krankheit sind. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Test, mit dessen Hilfe Träger identifiziert werden konnten. Die Lösung dieses Problems brachte ein im Jahre 1997 entwickelter Gentest. Die Auswertung der Ergebnisse dieses ersten Gentests bestätigte, dass damit eine korrekte Identifizierung von Trägern dieser Krankheit und der auch daran erkrankten Fohlen möglich ist. Die Mutation von der in diesem Zusammenhang die Rede ist, betrifft das Enzym DNAPKcs, eine Komponente des Immunsystems, das für die Generierung einer Vielzahl von Molekülen der Immunabwehr verantwortlich ist. Eine verminderte Aktivität dieses Enzyms führt dazu, dass die betroffenen Fohlen ohne ausgereifte funktionsfähige B und T Lymphozyten geboren werden, wodurch sie besonders anfällig für diverse Infektionserkrankungen sind. Erkrankte Fohlen zeigen meist bakterielle, virale oder Pilzinfektionen des Respirationstrakts. Zudem ist der Verdauungstrakt häufig betroffen. In Abhängigkeit vom passiven Immuntransfer über das Kolostrum und den Infektionsdruck durch Krankheitserreger, denen die Fohlen ausgesetzt sind, schwankt das Auftreten der ersten klinischen Symptome zwischen dem ersten und dritten Lebensmonat. Obwohl die Behandlung eines an SCID erkrankten Fohlens mittels einer Stammzellentransplantation bereits erfolgreich umgesetzt wurde, ist diese Art der Bekämpfung wohl nicht praxisrelevant. Eine medikamentöse Behandlung kann zwar zu einem vorübergehenden Erfolg führen, aber die Infektionen kehren meist innerhalb kurzer Zeit zurück, und die Fohlen sterben in der Regel vor dem fünften Lebensmonat (oder werden euthanasiert).
Bezüglich der Auftrittshäufigkeit von SCID gibt es – basierend auf diversen Studien, die in unterschiedlichen Ländern durchgeführt wurden – verschiedene Meinungen. So liegen die Ergebnisse weit auseinander, je nach Studie zwischen 1,5 % bis zu 25,7 % Anlageträger. Dieser Unterschied kommt vermutlich dadurch zustanden, dass in den Studien unterschiedliche Populationen getestet wurden, und in Studien mit überwiegender Teilnahme wissentlich „belasteter” Betriebe die Rate stark nach oben getrieben wird. Auch umfassten die Studien i.d.R. nur wenige Hundert Tiere. Ausführliches Datenmaterial liefert jedoch die Firma VetGen Inc., die an der Entwicklung des Tests für SCID maßgeblich beteiligt war und diesen vertreibt. Demzufolge stehen ihr eine Menge an Daten zur Verfügung, anhand derer aussagekräftige Analysen durchgeführt werden konnten. Die Analyse der Ergebnisse aus der Untersuchung von 7.700 Pferden in einem Zeitraum von 1997 bis May 2007 ergab 17% Anlageträger, und 0,3% Merkmalsträger (d.h. erkrankte Fohlen) für SCID. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Zahl an krank geborenen Fohlen mit großer Wahrscheinlichkeit höher ist, da nicht von jedem betroffenen Fohlen Proben zur Untersuchung eingesandt werden, und diese in der Statistik von VetGen Inc. somit nicht berücksichtigt werden können.

Coat Colour Dilution Lethal

Eine weitere Krankheit, bei der eine Erblichkeit ähnlich der autosomal rezessiven Vererbung von SCID vermutet wird, ist die Coat Colour Dilution Lethal (CCDL), auch Lavender Foal Syndrome (LFS) genannt. Während SCID nicht nur beim Vollblutaraber vorkommt, sondern auch bei diversen anderen Spezies wie Mäusen, Hunden und nicht zuletzt dem Menschen nachgewiesen werden konnte, beschränkt sich die CCDL ausschließlich auf Vollblutaraberfohlen mit rein ägyptischer Abstammung bzw. hohem ägyptischen Blutanteil.
Aufgrund der spärlichen Daten ist es bis heute nicht gelungen, die Pathologie dieser Krankheit genau zu beschreiben. Es wurde eine biochemische Störung des zentralen Nervensystems als Ursache für die Symptome vermutet. Die den Symptomen zugrunde liegende Ursache ist ein genetischer Defekt, d.h. eine Mutation im Gen MYO5A, die die neurologischen Funktionsstörungen beim neugeborenen Fohlen verursacht. Die betroffenen Fohlen haben eine charakteristische Aufhellung der Grundfarbe ihres Fells. Neurologische Störungen sind krampfartige Anfälle (Tetanie), schwere Überdehnung von Gliedmaßen, Hals und Rücken (Opisthotonus), Augenzittern (Nystagmus), die Fohlen bleiben auf der Seite liegen, sind nicht in der Lage zu stehen und zu trinken; der Saugreflex bleibt vorhanden. Die Fohlen sind nicht lebensfähig; sie sterben kurz nach der Geburt (48 – 72 Stunden) oder müssen eingeschläfert werden. Hämatologie und Serum Biochemie sind unauffällig.
Post mortem Untersuchungen zeigten Abnützungen an hervortretenden Bereichen des Schädels. Beschädigungen (Läsionen) des Zentralnervensystems konnten nicht festgestellt werden. Die wohl auffälligste Gemeinsamkeit aller Fohlen ist eine stumpfe, ausgebleichte Fellfarbe, von der diese Krankheit ihren Namen hat.
Über die Häufigkeit des Gendefekts gibt es nur wenige Untersuchungen, die Trägerfrequenz in den USA soll bei 10,3% , in Südafrika 2009 bei 11,7% liegen. Hervorzuheben ist, dass es ungeachtet der Art und Weise der Vererbung in erster Linie wichtig ist, Trägertiere nicht in der Zucht einzusetzen.
In der Differentialdiagnostik wird eine Abgrenzung der CCDL gegenüber folgenden Krankheiten empfohlen: Neonatale Septikämie, Neonatale Enzephalopatie, Idiopathische oder Benigne Epilepsie und Occipitoatlanto-axiale Fehlbildung. Auf zwei dieser Krankheiten wird später noch genauer eingegangen, da sie insbesondere beim Vollblutaraber eine gewisse Bedeutung haben. CCDL sollte in die Differenzialdiagnose eines jeden Araberfohlens mit ägyptischer Abstammung einbezogen werden, das eine auffällige Fellfarbe und anfallsartige Fehlfunktionen unmittelbar nach der Geburt zeigt.

Idiopathische Epilepsie (IE)

Im Vergleich zu anderen Spezies treten Anfallsleiden beim Pferd sehr selten auf, und es gibt nur wenig dokumentierte Fälle von Epilepsie. Dennoch wurden sie insbesondere beim Vollblutaraber innerhalb bestimmter Linien immer wieder beobachtet. Aufgrund des Mangels an Informationen über eine derartige Erkrankung, wurde im Jahre 2006 eine retrospektive Studie an 22 Araberfohlen mit diagnostizierter Epilepsie durchgeführt, die in den Jahren zwischen 1985 und 2005 im Veterinary Medical Teaching Hospital der University of California, Davis, zur Untersuchung vorgestellt und behandelt wurden. In dieser Studie konnte nach dem Ausschlussverfahren eine idiopathische (gutartige) Epilepsie diagnostiziert werden. Diese Diagnose wurde durch die Beschreibung der betroffenen Fohlen, deren Geschichte, die genaue Untersuchung sowie Laborergebnisse und bildgebende Befunde abgesichert. Alle Fohlen zeigten während einer Zeitspanne von 1 bis 60 Tagen vor Einlieferung in die Tierklinik multiple allgemeine oder partielle Anfälle, wobei die meisten innerhalb eines Tages nach Auftreten der ersten klinischen Symptome vorgestellt wurden. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der ersten Anfälle betrug zwei Monate. Die Fohlen zeigten verminderte bis nicht vorhandene Reaktion auf Gefahr, waren blind und zeigten abnormale mentale Aktivität (Desorientiertheit, Lethargie, Bewußtseinstrübung). Auffällige Vorzeichen eines Anfalls konnten wenig beobachtet werden. Die Mehrheit der Anfälle dauerte weniger als eine Minute und trat spontan auf. Nach dem Anfall stellte sich bei allen Fohlen eine Blindheit ein, der Bewußtseinsstörungen, Lethargie und Desorientierung folgten. Teilweise konnten auch eine gesteigerte Erregbarkeit, Ataxie, Defizite in der Tiefensensibilität, erweiterte Pupillen sowie Speichelfluss festgestellt werden. Mit Ausnahme der Blindheit, die bis zu drei Wochen andauern konnte, war der neurologische Status der Fohlen zwischen den Anfällen unauffällig. Die am häufigsten auftretende Simultanerkrankung war eine Lungenentzündung. Die Fohlen sprachen größtenteils auf eine Behandlung mit Antiepileptica an, wobei die Autoren der Studie hervorheben, dass die Dosierung der Medikamente individuell abgestimmt werden sollte. Aus den Gesprächen mit den Besitzern und den Tierärzten, welche die Fohlen nach Entlassung weiter behandelten, ging hervor, dass sich alle 21 Fohlen (ein Fohlen starb an den Folgen eines Anfalls in der Klinik) ohne besondere Zwischenfälle innerhalb einer Zeit von zweieinhalb bis neun Monaten gut erholten. Auf das Einstellen der medikamentösen Behandlung mit Antiepileptica reagierte kein Fohlen mit weiteren Anfällen. Bei allen Fohlen konnte eine ägyptische Abstammung nachgewiesen werden. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es nur einen weiteren Bericht, der eine Form von Epilepsie bei Vollblutarabern mit ägyptischem Pedigree beschreibt. Die Ergebnisse waren bis auf wenige kleine Unterschiede dieselben.
Aufgrund der Studie kann man bei Vollblutaraber-Fohlen, bei denen Hinweise auf ein Trauma bzw. Verletzungen vorhanden sind, und die plötzlich unter Blindheit und Desorientiertheit leiden, auf eine Epilepsie rückschließen. Es besteht dann der dringende Verdacht einer IE, und es müssen differenzierte Untersuchungen eingeleitet werden. Zudem sollten bei dem betroffenen Fohlen auf potentielle Zusatzerkrankungen und sekundäre Verletzungen Rücksicht genommen werden. Allerdings muß davor gewarnt werden, nur basierend auf der Rasse und Abstammung des Patienten auf eine IE zu schließen.
Die Krankheit heilt von selbst und ist in einem Alter von ein bis zwei Jahren verschwunden. Die Prognose ist daher sehr günstig und es treten keine Folgeerkrankungen auf.
Die idiopathische Epilepsie wurde bisher nur beim arabischen Pferd beschrieben; besonders bei Vollblutarabern ägyptischer Herkunft (Egyptian Arabians). Angaben zur Trägerfrequenz gibt es nicht; auch keinen DNA-Test.

Occipito-atlanto-axiale Fehlbildung

Bei der occipito-atlanto-axialen Malformation (OAAM) oder Fehlbildung handelt es sich um einer Verschmelzung der Wirbel im Bereich des Atlas und Axis und der Basis des Schädels, die zu einer Kompression und Verletzung des Rückenmarks führt. Die erste Studie zu dieser Erscheinung stammt aus dem Jahr 1978 und wurde an neun Pferden mit angeborenen Fehlbildungen der ersten beiden Halswirbel und des Occiput (Hinterkopf) durchgeführt. Zudem wurden die Ergebnisse von zwei Fallberichten in die Studie miteinbezogen. Basierend auf den Befunden klinischer Untersuchungen der betroffenen Tiere, die durch Röntgen und teilweise durchgeführten post mortem Examinationen abgesichert wurden, konnten drei Krankheiten definiert werden:
A. Die congenitale asymmetrische occipito-
atlanto-axiale Malformation;
B. Die assymmetrische atlanto-occipitale Fusion; und
C. Die occipito-atlanto-axiale Malformation (OAAM)
letzteres ist eine knöcherne Verbindung zwischen Atlas und Axis sowie der Basis des Schädels, die in dieser Studie ausschließlich bei Arabern nachgewiesen werden konnte. Die klinischen Symptome der von OAAM betroffenen Fohlen reichten von Tod nach der Geburt über eine Schwäche der Gliedmaßen bis hin zu einer Lähmung der Gliedmaßen. Weiters konnte bei einigen Fohlen eine Fehlfunktion der Muskelkoordination beobachtet werden. Dabei wurden die klinischen Symptome durch eine fortschreitende kompressive pathologische Veränderung des Rückenmarks hervorgerufen. Da diese Krankheit nur bei Pferden der Arabischen Rasse festgestellt wurde, wiesen die Autoren dieser Studie auch auf die familiengebundene Natur der OAAM hin.
Es sei bei der Diagnose auf die Notwendigkeit hingewiesen, ein Trauma, eine Sepsis, eine Equine Protozoale Myelitis, eine Equine Degenerative Myelopathie und eine Cervicale Vertebrale Malformation (Wobbler Syndrom) bei der Differentialdiagnose einer OAAM auszuschließen.
Leider gibt es derzeit noch kein gültiges Testverfahren, das eine OAAM identifizieren kann, und obwohl es in der Literatur einige Hinweise darauf gibt, dass es sich hierbei um eine autosomal rezessive Erbkrankheit handelt, ist auch dieser Zusammenhang bis jetzt von Seiten der Wissenschaft nicht eindeutig bestätigt, vermutlich weil die OAAM eine sehr selten auftretende Krankheit ist. Andere Untersuchungen gehen von einer multifaktoriellen Erkrankung aus. Es bleiben noch sehr viele Fragen in bezug auf diese Missbildung ungeklärt.

Cerebelläre Abiotrophie (CA)

Die CA war bis vor einigen Jahren unter Vollblutaraberzüchtern eine wenig bekannte Erkrankung, obwohl sie beinahe ausschließlich bei dieser Pferderasse auftritt. Die Ursache dafür mag darin begründet sein, dass Züchter natürlich ungern offenlegen, dass ihre Zucht Fohlen mit einer neurologischen Erkrankung hervorgebracht hat. CA ist ein degenerativer Zustand des Gehirns, der zum Auftreten von Kopfzittern und Ataxie führt, wobei die ersten klinischen Symptome in einem Zeitraum von der Geburt bis zum Alter von sechs Monaten sichtbar werden. An CA leidende Pferde sind wegen ihre Unkoordiniertheit wahrscheinlich nie als sichere Reitpferde einsetzbar und verletzen sich häufig selbst, daher werden sie früher oder später euthanasiert.
Eine der ersten wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit der Aufklärung dieser Krankheit auseinandergesetzt hat, stammt aus dem Jahr 1987. Erst in den Jahren 2005/2006 hat die University of California, Davis, ein Projekt ins Leben gerufen, das in Hinblick auf Behandlung und Erblichkeit einen wesentlichen Fortschritt bringen sollte. Ausgehend von Daten, welche die Existenz eines Gens andeuten, das für die CA verantwortlich sein soll, sowie den Untersuchungsergebnissen an Mäusen, bei denen die Mutation dieses Gens als Ursache für Zittern, Muskelschwäche und mangelnde Balance nachgewiesen werden konnte, suchte man dieses Gen auch beim Pferd. Dabei wurde das Ziel verfolgt, dass betroffene Tiere zukünftig früher erkannt und auch Träger dieser Krankheit identifiziert werden können, wodurch das Auftreten der CA durch entsprechendes Zuchtmanagement vermieden werden kann.
Der Auslöser für die Krankheit scheint eine Mutation zu sein, bei der in der DNA eine Nukleinbase (Guanin, G) gegen eine andere (Adenin, A) ausgetauscht wurde. Dieser veränderte genetische Code sorgt für die Produktion einer anderen Aminosäure: die normalerweise produzierte Aminosäure Arginin wird durch Histidin ersetzt.
Die pathologische Ursache für die CA ist eine vorzeitige Degeneration der Purkinje Zellen im Gehirn. Die Mechanismen die dazu führen, sind jedoch noch nicht endgültig erforscht. Es gibt aber Hinweise, dass das sogenannte MUTYH-Gen bei CA-Fohlen nicht richtig funktioniert; dieses MUTYH-Gen ist an der Reparatur der Purkinje-Zellen beteiligt. Die unterschiedliche Ausprägung der klinischen Symptome von CA-(erkrankten) Pferden könnte an einer unterschiedlicher Aktivität der MUTYH-Genfunktion liegen, was wiederum zu unterschiedlichen Schäden an den Purkinje-Zellen führt.
Während bis zum Jahr 2010 nur ein Test verfügbar war, der auf Markern basiert (und der eine Sicherheit von 97% bot), so gibt es jetzt einen neuen Test, der auf die Mutation testet. Die Trägerfrequenz wurde 2010 mit 19,25% (USA) angegeben, die Anzahl erkrankter Tiere mit 1,07 %.

Luftsacktympanie

Abschließend zum Kapitel über die verschiedenen Krankheiten mit besonderer Relevanz in der Vollblutaraberzucht, soll noch kurz auf die Luftsacktympanie, im Englischen Guttural Pouch Tympany (GPT) genannt, eingegangen werden. Obwohl sie nicht nur innerhalb der Rasse des Vollblutarabers auftritt, kann eine gesteigerte Häufigkeit dieser Krankheit bei dieser Rasse im Vergleich zu anderen Pferderassen beobachtet werden. Bei der GPT handelt es sich um eine übermäßige Luftfüllung von einem oder beiden Luftsäcken, die beim Fohlen auftreten kann. In der einschlägigen Literatur werden unterschiedliche Meinungen über die Entstehung dieser Krankheit vertreten. Man nimmt an, dass ein verhinderter Luftausstrom aus dem Luftsack zur Entwicklung einer GPT führt. Genaue Informationen über die Pathogenese sind allerdings nicht erhältlich. Ein typisches Symptom ist die Volumenzunahme eines oder beider Luftsäcke, die eine Verdrängung der umliegenden Strukturen bewirkt, und häufig ein schnarchendes Atemgeräusch mit sich bringt. Grundsätzlich scheinen Stutfohlen häufiger betroffen zu sein als Hengstfohlen. Die Behandlung erfolgt operativ, und die Prognosen für Heilung und auch für das Erlangen der vollen Leistungsfähigkeit sind nach erfolgreichem chirurgischem Eingriff sehr günstig. Es konnte die Beteiligung einer genetischen Komponente an der Entstehung der GPT beim Vollblutaraber nachgewiesen werden. Darüber hinaus gibt es Grund zu der Annahme, dass mehrere Gene für das Auftreten dieser Krankheit verantwortlich sind. Obwohl die genaue Vererbung der GPT nicht vollends geklärt werden konnte, kann man aufgrund der gewonnen Erkenntnisse Aussagen über das mögliche Auftreten dieser Krankheit beim Einsatz gewisser Elterntiere treffen. Zusätzlich kann basierend auf den zur Verfügung stehenden Daten eine grobe Abschätzung in bezug auf die Häufigkeit von Neuerkrankungen mit GPT bei Vollblutaraber-Fohlen in Deutschland gegeben werden, die bei 0,325% lag. Ein Zusammenhang zwischen Inzuchtkoeffizienten oder Geschlecht und der Auftrittswahrscheinlichkeit einer GPT konnte nicht nachgewiesen werden.
Die Klinik für Pferde der Tierärztlichen Hochschule Hannover hat eine minimalinvasive Operationstechnik entwickelt, bei der keine Vollnarkose benötigt wird und die nach bisherigen Erkenntnissen sehr gute Ergebnisse bringt.
Alban Krösbacher

Die folgenden Laboratorien bieten entsprechende Gentests an:
BIOFOCUS, Deutschland (SCID, CA, LFS) – www.biofocus.de
GenControl, Deutschland (SCID, CA, LFS) – www.genecontrol.de
LABOKLIN Basel, Schweiz (SCID; CA; LFS) – www.laboklin.ch
VHL, Van Haeringen Group, Niederlande, Belgien (SCID; CA; LFS) – www.vhlgenetics.com
LABEO Laboratoire Frank Duncombe, Frankreich (SCID; CA; LFS) – www.labo-frank-duncombe.fr
Animal Genetics UK, Großbritannien (SCID, CA, LFS) – www.animalgenetics.eu
UC Davis, USA (CA, LFS) – www.vgl.ucdavis.edu
VetGen, USA (SCID; CA; LFS) – www.vetgen.com

Weiterführende Websites:
SCID – www.arabianhorses.org/education/genetic/docs/12Genetic_SCID_2012.pdf
LFS – www.arabianhorses.org/education/genetic/docs/lavender_foal_syndrome.pdf
OAAM – www.arabianhorses.org/education/genetic/docs/12Genetic_OAAM_2010.pdf
CA – www.cerebellar-abiotrophy.org; www.tiho-hannover.de
GPT – www.tiho-hannover.de