“Nur” ein Freizeitpferd

Naima + Tahihra - IMG_6997 (c) Waiditschka-300pxDer Araber ist durch seine Vielseitigkeit und seinen menschenbezogenen Charakter das ideale Freizeitpferd. Und auch wenn der Begriff “Freizeitpferd“ oftmals etwas abwertend gebraucht wird, so muss dieses doch einige Eigenschaften mitbringen, um seinen Besitzer glücklich zu machen, und daher sind die Erwartungen der Freizeitreiter hoch. Da es oft das erste eigene Pferd ist, muß es geduldig sein, muß brav in den Hänger gehen, schmiedefromm sein, und einfach im Umgang. Dazu muß es eine gesunde Konstitution haben, und nicht bei jedem Wetterumschwung krank werden. Ach ja, und pflegeleicht, denn es kann schon mal vorkommen, dass man ein paar Wochen nicht zum reiten kommt und es nur auf der Wiese steht. Und bequem zu reiten muß es sein, versteht sich, am besten also mit “Schaukelpferdgängen” ausgestattet. Ach ja, und fast hätte ich es vergessen: Billig muß es sein. Wer zahlt denn heute noch mehr als unbedingt nötig, “Geiz ist geil” heißt schließlich das Motto!
Die meisten Züchter haben diese – oder ähnliche – “Kunden” schon auf dem Hof gehabt. Man verstehe mich richtig: Ich mag Freizeitreiter. Aber ein gutes Freizeitpferd muß auch einen guten (d.h. kostendeckenden) Preis haben dürfen. Seriöse Zucht fängt mit der richtigen Partnerwahl an, gefolgt von der optimalen Versorgung im Mutterleib, und bietet eine Aufzucht mit viel Bewegung, bei der es dem Jungpferd an nichts mangelt. Ist dies in jungen Jahren nicht gewährleistet, sind spätere Probleme vorprogrammiert. Und auch wenn ein Freizeitpferd nicht “treten kann wie Totilas”, oder “Häuser springen”, so muß es andere Qualitäten haben: Charakter, Temperament, Konstitution und Gesundheit. Und diese Eigenschaften sind nicht weniger wichtig – je nach Verwendungszweck – wie Dressur- oder Springeignung.
Wir haben kürzliche eine Umfrage unter Freizeitreitern durchgeführt, die sich in den letzten fünf Jahren einen Vollblutaraber gekauft haben. Die genannten Kaufpreise waren ernüchternd: Annähernd zwei Drittel aller Pferde wurden für 1000-5000 € verkauft. Diejenigen, die nicht mehr Geld zur Verfügung haben, seien daran erinnert, dass der Kaufpreis nur ein Bruchteil der Folgekosten ist, die man für den Unterhalt aufbringen muß. Und nicht selten werden “billige” Pferde durch die Tierarztkosten, die nötig sind, um Aufzucht- und Haltungsdefizite zu beheben, richtig teuer.
Wer sich den Anschaffungspreis nicht leisten kann, sollte noch ein Jahr oder zwei die Kosten, die das Tier jeden Monat verursacht, sparen. Und wer ein Pferd billig hergibt, der macht sich mitschuldig, wenn es binnen kurz oder lang “weitergereicht” wird. Denn was nichts kostet, ist oft nichts wert.
Zum Glück gibt es aber auch die anspruchsvollen Freizeitreiter, die wissen, was eine gewissenhafte Zucht und Aufzucht kostet, und dankbar sind, dass es solche Züchter (noch) gibt, die darauf Wert legen, und sich dies etwas kosten lassen. Dafür legen diese Kunden dann auch mitunter das Doppelte oder Dreifache auf den Tresen und als Züchter hat man die berechtigte Hoffnung, dass das Pferd bei seinem neuen Besitzer genauso (wert-)geschätzt wird, wie bei ihm selbst.
Gudrun Waiditschka