Das entbehrungsreiche Leben mit den Beduinen in der Wüste schuf ganz besondere Pferde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kamen diese Beduinenpferde nach Österreich-Ungarn und bildeten den Grundstock für die spätere Shagya-Araber-Zucht.
Die ersten Ankäufe von Originalarabern von der arabischen Halbinsel erfolgten zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die größte Rolle spielten dabei die Staatsgestüte des damaligen Kaisertums Österreich, zu dem auch Ungarn gehörte, aber auch die Könige von Württemberg und adelige Großgrundbesitzer im heutigen Polen und der Ukraine. Die von den erwähnten Staatsgestüten importierten Original-Araber fanden ihren Weg meist über das kaiserlich-königliche Hofgestüt Lipizza. In Triest ausgeladen, brachte man sie zur Erholung von der strapaziösen und beschwerlichen Seereise vorübergehend in das am Karst gelegene Gestüt. Manche von ihnen blieben auch mehrere Jahre dort, bildeten eine eigene Gestütsabteilung oder flossen in die Lipizzanerzucht ein.
Der antinapoleonische Krieg der europäischen Mächte, die sich nach dem “Wiener Kongress” (September 1814) verbündeten – darunter auch die österreichische Monarchie –, führte zur endgültigen Niederlage Napoleon Bonapartes in der Schlacht bei Waterloo (18. Juni 1815) und zur Besetzung weiter Teile Frankreichs. Auf diese Weise erbeuteten österreichische Kürassiere 1815 im französischen Gestüt Rosières aux Salines, 10 km südöstlich Nancy gelegen, eine Anzahl von Zuchthengsten. Napoleon hatte aus seinem Ägyptenfeldzug ab 1798 zahlreiche Pferde aus der Wüste mitgebracht.
Baron von Fechtig’s Importe
Um dieselbe Zeit begann Baron von Fechtig seine Unternehmung, arabische Pferde aus dem Orient zu importieren. Als Kaufmann war von Fechtig auch auf der Suche nach original-arabischen Pferden aus der Wüste, für deren Absatz er in Europa mit der Zeit einen umfangreichen und vor allem zahlungskräftigen Kundenkreis aufbauen konnte. 1811 hatte er den ersten Transport von Kairo nach Triest durchgeführt und die vier mitgebrachten orientalischen Hengste sehr gut an Graf Festetics, Gestüt Fenék-Puszta, und den Fürsten Esterházy, Gestüt Ozora, verkauft. 1817 lieferte er für Fenék-Puszta noch die bedeutenden Beschäler Samhan und Massoud, deren Nachkommen durch besondere Fruchtbarkeit und Langlebigkeit auffielen. Von Fechtig importierte auch den berühmten Fliegenschimmelhengst Tajar, der nicht nur durch seine Lebensgeschichte, sondern vor allem durch seine Nachkommen eine Legende geworden ist. Graf Hunyady von Kéthely kaufte ihn 1811 von Baron von Fechtig für sein Gestüt in Ürmény, welches er mit besonderer Unterstützung der damals bekanntesten österreichischen Pferdefachleute, k. k. Hofgestüts-Inspektor Johann Christoph Justinus und Güterdirektor Appel von Kápotsány, Anfang des 19. Jahrhunderts aufzubauen begonnen hatte. Bei seinen Handelsreisen, vor allem nach Ägypten und Syrien, beauftragte von Fechtig in Kairo, Aleppo und Damaskus einige Fachleute mit dem Kauf der damals so begehrten und in Europa noch relativ seltenen arabischen Zuchtpferde, die dann per Schiff nach Triest gingen und von dort aus (auch vom ‘Sammelpunkt’ Bábolna aus) an zahlreiche zahlungskräftige Interessenten verkauft wurden.
1816 kam von Fechtig von seiner dritten Orientreise nach Triest zurück. Er brachte vier Hengste und acht Stuten mit, wovon zwei
Hengste (darunter Bairaktar, geboren 1814) und eine Stute (Murana I, geboren 1808) in das württembergische Gestüt Weil gingen. Die Hengste Siglavi Gidran (geboren 1811) und Ebchan (geboren 1812) sowie die Stute Tiffle (geboren 1810) wurden von Bábolna gekauft.
Am 18. März 1816 erschien die “Instruction” zur Festlegung der Zuchtrichtung im “königlich ungarischen Staatsgestüt” auf Anordnung von Kaiser Josef II. von Habsburg. Die Grundsteine der Bábolnaer Zucht liegen einige Jahre vor der Gründung des Bábolnaer Gestütes am 24. Juni 1789. Justinus stellt in seiner Arbeit “Über die allgemeinen Grundsätze der Pferdezucht” schon damals folgende Ansprüche an die Zuchtpferde: 1. Ausgewiesene Abstammung; 2. Ausgewiesene Leistung; 3. Ausgewiesene Vererbung. Diesem Werke ist es zu verdanken, dass in Europa im 19. Jahrhundert die Stammbuchführung in der Tierzucht eingeleitet wurde.
Die Gründung Bábolnas
Der auf allerhöchster Stelle unterzeichnete Befehl, dass Bábolna “ein vorzüglich reines und edles Gestüt” werden soll, war die Grundlage für die weitere Entwicklung. Generalmajor Graf Heinrich Hardegg, Chef der k. u. k. Gestüte, beauftragte Baron Major Eduard von Herbert im Jahre 1836 mit der ersten Expedition, Original-Araber in Syrien zu kaufen und nach Bábolna zu transportieren. Bei dieser Gelegenheit wurde der Hengst Shagya, der der Rasse schließlich den Namen gab, 1836 von den Bani Saher-Beduinen angekauft.
Bruno Furrer