Araberblut für die Trakehner-Zucht

Auch wenn es schon einige Monate her ist, der Schmerz sitzt noch tief bei Züchter Bernd Zimmermann über den Verlust seiner Amurath Masira (Dahab / Mahara) *2001, die kurz nach der Geburt ihres Fohlens starb. Auf Masira hatte Tochter Lena das das Reiten gelernt, sie war Gabi Zimmermanns Liebling, und für Bernd Zimmermann war sie ein Reit- und Zuchtpferd mit einer sehr konstanten Vererbung. “Sie war als Leitstute nicht so souverän wie ihre Mutter aber deutlich geduldiger mit allen Herdenmitgliedern”, beschreibt er sie. “Fohlen, auch anderer Stuten, standen bei ihr immer ganz besonders unter Schutz. Sie war liebenswürdig und stur zugleich – ein Erbe Karmins. Sanft und trotzdem sehr temperamentvoll. Eisenhart und zäh bis zur letzten Sekunde.” Er fährt fort: “Masira und ich hatten ein etwas komplizierteres Verhältnis. Wir mochten uns und konnten uns immer auf einander verlassen. Es war vielleicht nicht die große Liebe, aber ich schätzte sie sehr als Reit- und Zuchtpferd. Mit ihr war züchten sehr einfach, egal ob Vollblutaraber oder Trakehner, und die Prognose über das zu erwartende Fohlen war relativ einfach zu treffen. Masira war nicht makellos auf den Beinen, aber sehr trocken. Die Vererbung der Korrektheit war jedoch hervorragend. Alle Fohlen hatten sehr gute Hufe und Gelenke bei korrektem Bewegungsablauf und sehr guten Winkelungen.”

Amurath Masira ox mit Hengstfohlen vom Trakehner Donauabend. Donauabend geht auf die Stutenlinie der Murana I zurück, Amurath Masira führt diese Linie über ihren Vater Dahab.

Amurath Masiras Mutter Mahara (Gharib / Magda) *1980 war das erste arabische Pferd der Familie Zimmermann und Stammstute ihrer Zucht. Und auch wenn Masiras Schwester Amurath Morgana (v. Monrad) letztendlich mehr Nachkommen im Gestüt hinterließ, so war Amurath Masira (v. Dahab) dennoch eine bedeutende Säule der Zimmermann’schen Zucht, mit der sie auch einen Ausflug in die Trakehnerzucht wagten. Sie hinterließ insgesamt neun Fohlen, darunter nur zwei Vollblutaraberstuten – aber beides Prämienstuten! – Amurath Mahabbah und Amurath Mahiba.

Amurath Mahibah (v. Gazwan Al Nasser) *2011 sollte vorerst im Gestüt Amurath bleiben. “Und wie es manchmal so kommt, bereits ihr erstes Fohlen, Amurath Malyah (von Psyrasic) *2017 war ein Knaller”, schwärmt Bernd Zimmermann. Da Masira 2017 noch fit und gesund war und problemlos aufgenommen hatte, entschieden sich die Zimmermanns, Amurath Mahibah zu verkaufen, schließlich hatte man Amurath Malyah als weitere Option der Mutterlinie in der Hinterhand.

Auch Masiras Tochter Amurath Mahabbah wurde verkauft, und zwar an eine befreundete AV- und Trakehner-Züchterin, Annette Schnaufer. Von ihr wurde sie aufgrund ihrer Größe (158 cm) und ihres Rahmens als Zuchtstute für die Trakehnerzucht (Halbblüter für die Vielseitigkeit) vorgesehen. Sie brachte zwei sehr gute Hengstfohlen (2017 von Abendtanz und 2018 von Helium). “Das Hengstfohlen von Helium war 2018 eines der am höchsten bewerteten Halbblutfohlen in Deutschland und ist absolut hochklassig. Es ist braun, sehr elegant und typvoll, nahezu makellos im Gebäude und in der Erscheinung sehr stark von Masira geprägt”, schwärmt Bernd Zimmermann. “Nach dem Verlust von Masira wurde uns Mahabbah von Frau Schnaufer zum Geschenk gemacht und steht heute wieder bei uns. Keine selbstverständliche Geste.”

Auch die leistungsgeprüften Elite-Stute Masira wurde in der Trakehner-Zucht eingesetzt und brachte 2017 ein Donauabend-Hengstfohlen. Nun ist es bekanntlich schwierig, einen Hengst mit 50% Vollblutaraberanteil bei den Trakehnern gekört zu bekommen, daher war die Freude über das 2019 geborene Stutfohlen, ebenfalls von Donauabend, entsprechend groß, denn auf diese Weise ist es einfacher, ox-Blut in die Trakehnerzucht einfließen zu lassen.

Dass die Wahl auf Donauabend fiel, erklärt Bernd Zimmermann so: “Dieser Hengst hat viele Vorzüge im Exterieur und ist für eine AV-Stute nicht zu schwer. Seine Vaterlinie ist mit hervorragendem Springblut ausgestattet, und ich liebe die ‘Habicht Typen’.” Donauabend geht in väterlicher Linie auf Habicht zurück, der wiederum dem Siglavy db-Stamm entspringt (siehe AP 1/2019, S. 53). Donauabends Mutter geht sie auf die Weiler Murana 1808-Stutenlinie zurück.

“Donauabend ist ein sehr spätreifer Hengst, der von Jahr zu Jahr besser wird.” erläutert Bernd Zimmermann. “Wie nun erkennbar, vererbt er sehr konstant und hat ein hervorragendes Interieur. Diese Vorzüge und im Abgleich der Gebäude beider Zuchtpferde, veranlassten mich, die Anpaarung zweimal zu machen. Ziel war ein sehr typvolles, korrektes, trockenes Leistungspferd für die Vielseitigkeit. Annette Schnaufer war in beiden Fällen die dankbare Abnehmerin der Fohlen. Die Aufzucht im HLG Marbach und weitere Förderung ist zwischen uns vereinbart und wird vorbildlich gemacht. Das Stutfohlen von 2019, nun leider Waisenfohlen, erhielt von Annettte Schaufer den Namen ‘Masira’s Last Gift’. Dieses Fohlen ist in der Tat ein Geschenk für uns alle. Schwarzbraun ohne Abzeichen und eine ‘trakehnische’ Ausgabe ihrer Mutter: Fein und edel, sehr elegant und bewegungstark. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, aber es wäre schön zu sehen, wenn sich hier eine Trakehner Linie etablieren könnte. Aber das ist ein langer Weg…”.

Nachdem Masira bereits einen Tag nach der Geburt starb, war guter Rat teuer. Masira´s Last Gift wächst nun im Betrieb Otte in Niedersachsen auf, der sich auf Waisenfohlen spezialisiert hat. Mit sechs Monaten wird Masira’s Last Gift nach St. Johann umziehen.

Es gibt sie also noch, die “alten Typen” des Vollblutarabers, die durchaus Einsatz in der Warmblutzucht, besonders aber natürlich in der Trakehnerzucht, finden können. Mit Masira starb die letzte Stute mit “Weil-Marbacher” Abstammung auf Vater- und Mutterseite im Gestüt Amurath, und somit leider auch eine Veretreterin dieser “alten Typen”, die immer seltener werden.
Gudrun Waiditschka