Rappenzucht – Ute und Frank Dill, Gestüt Hägerhof

Seit den 1970er Jahren werden bei Familie Dill „schwarze Ägypter” gezüchtet, für die der Vater bzw. Schwiegervater Walter Dill mit dem Hengst El Aswad den Grundstein legte. Viele weitere folgten und heute werden auf dem Hägerhof Pferde für alle Bereiche des Freizeit- und Turniersports gezüchtet.

IN THE FOCUS: Frau Dill, seit wann sind Arabische Pferde ein Bestandteil Ihrer Familie?
Ute Dill: Gefühlt schon immer, denn unser Gestüt wird ja schon in 2. Generation geführt. Die ersten arabischen Pferde wurden bereits 1967 von unserem Vater bzw. Schwiegervater aus dem Balkan importiert. Die ersten asilen Pferde kamen dann in den 70er Jahren aus Tunesien direkt von den Beduinen aus der Sahara. Der Import war damas abenteuerlich und aufwendig. Mit Hilfe der Familie Bergmann, die dort als Entwicklungshelfer tätig waren, ist es aber dann doch gelungen. Aus Babolna/Ungarn kamen ebenfalls in den 70er Jahren die ersten reinen Ägypter zu uns, unter ihnen der für uns in der Ägypterzucht als Gründerhengst zu nennende El Aswad (Ibn Galal / 10 Hosna) *1974, der von uns selbst in Paris 1977 vorgestellt wurde.
Nachkommen der damals importierten Stuten bereichern noch heute unsere Zucht. Unsere Stuten GH Azura (Muddassir B’Mehamam/ Al Kadaira) *2008 und ihre Tochter GH Alika (v. Black Diamond LDA) *2013, GH Anjessa (Muddassir B’Mehamam / Amal) *2010 und Arwa (TB Yasir / GH Abadiya) *2012 stammen von der Stute Anazeh [ex 212 Zohair] (Zohair / Bint Azza I) *1968 ab, die seinerzeit mit Maysoun angepaart wurde. Unsere Stute GH Asmara (Muddassir B’Mehamam / Asfara) *2007 und ihre Tochter GH Asmaras Yasira (v. TB Yasir) *2012 stammen ab von der Stute Assad-5 (Assad / 211 Zohair) *1989, die damals mit Ghorab angepaart wurde. Auf die Importstute Hafisa [ex Rayan-3] (Rayan / 211 Ibn Galal-I) *1985 geht unsere GH Surah (TB Yasir / Samsara Bint Hafila) *2011 zurück. Hafisa wurde damals ebenfalls mit Ghorab angepaart.

ITF: Wie kam es, dass Sie Rein-Ägypter züchten, und warum gerade Rappen?
U. D.: Der asile Araber wurde immer hoch geschätzt und unser Vater/Schwiegervater hatte schon immer den Wunsch nach etwas Seltenem/Besonderen, daher die ägyptischen Rappen. Nach seinem Tod im Jahr 1997 haben wir an den Ägyptern festgehalten, da wir diese als „Herzstück“ unserer Zucht sehen und sie als besonders edel und sanftmütig beschreiben würden.

Geprüfte Zuchtpferde heißt für Ute und Frank Dill, dass ihr selbst
gezogener Deckhengst GH Basim (Black Diamond LDA / GH Abadiya) *2013 die Hengstleistungsprüfung in Marbach (Feldprüfung) absolviert hat und im selben Jahr VZAP-Körungssieger in Alsfeld wurde.
Foto: G. Waiditschka

ITF: Welche Bedeutung messen Sie Pedigree und Farbe zu? Was ist wichtiger?
U. D.: Die Farbe ist bei uns ja sowieso schon gegeben, sodass wir uns hier gar nicht mehr so groß Gedanken machen müssen. Das Pedigree spielt natürlich eine große Rolle. Am wichtigsten ist jedoch für uns das, was man sieht, also der Phänotyp, sowohl bei den Elterntieren als auch in den Generationen davor. Nur so kann man eine Vorstellung davon bekommen, was bei einer Anpaarung entstehen kann.

ITF: Was ist für Sie der „ideale Araber“ – wie sieht dieser aus, welche Eigenschaften hat er?
U. D.: Für uns hat der „ideale Araber“ Typ, Adel und Leistungsbereitschaft gepaart mit einem guten Fundament, korrekter Stellung und guten Hufen. Und das Interieur sollte niemals vernachlässigt werden. Immer sollte das Tier sanftmütig und dem Menschen zugewandt sein. Man sollte sich in jeder Situation auf das Pferd verlassen können.

ITF: Welche Pferde haben Ihre Zucht geprägt? Hat sich Ihr Zuchtziel über die Jahre geändert?
U. D.: Unsere Zucht basiert auf verschiedenen Stutenfamilien, der Genpool ist bei uns trotz der Rappfarbe relativ groß. Alle unsere Zuchtstuten sind auch schon bei uns geboren, meist auch die vorherigen Generationen. Für uns zuchtbeeinflussend waren auf jeden Fall die Hengste: El Aswad, Shaikeel und Muddassir B’Mehamam. Bei den Stuten wären es die bereits oben genannten aus Babolna importierten Gründerstuten.
Unser Zuchtziel ist natürlich das, was wir oben schon als „idealen Araber“ beschrieben haben. Was sich tatsächlich im Laufe der Jahre geändert hat, ist, dass wir Pferde mit mehr Rahmen und etwas kräftigerem Fundament anstreben. Wir versuchen Pferde zu züchten, die ein möglichst breites Einsatzgebiet haben können. Die also z.B. sowohl auf Schau als auch unter dem Sattel eingesetzt werden können.
Beispielsweise haben wir im Jahr 2018 unseren damals 5-jährigen Deckhengst GH Basim (Black Diamond LDA / GH Abadiya) *2013 die Hengstleistungsprüfung in Marbach (Feldprüfung) absolvieren lassen und im selben Jahr ist dieser Hengst als VZAP-Körungssieger hervorgegangen.
Eine weiteres Beispiel wäre unsere Zuchtstute GH Alika. Sie ist leistungsgeprüft auf der Rennbahn, hat aber auch als Showpferd Klassensiege nach Haus gebracht und ist als Prämienstute eingetragen worden.
Beide Pferde sind absolut charakterfest, was uns besonders wichtig ist.

GH Alika (Black Diamond LDA / GH Azira) *2013 ist ein gutes Beispiel für die Zucht des Hägerhofs: Sie ist leistungsgeprüft auf der Rennbahn, hat als Showpferd Klassensiege nach Hause gebracht – hier in Kaub mit Frank Dill bei der Siegerehrung – und ist als Prämienstute beim VZAP eingetragen.
Foto: Martin Kubat

ITF: Stichwort Selektion – welcher Leitgedanke führt Sie, wenn Sie einen Hengst oder eine Stute zur Zucht auswählen, und wie finden Sie die richtigen Paarungspartner?
U. D.: Gern setzen wir natürlich Pferde ein, die schon bei uns geboren wurden. Aufgrund des großen Genpools ist das auch problemlos möglich. Das gibt uns den Vorteil, dass wir die Pferde von Geburt an kennen und das Interieur sehr gut beurteilen können. Unsere Zuchttiere werden bei uns vor Zuchteinsatz auch ausnahmslos erst unter dem Sattel gearbeitet, um die Leistungsbereitschaft sowie das Wesen des Pferdes besser beurteilen zu können. Bei Nutzung von Fremdhengsten ist das leider nur bedingt möglich, da oftmals keine Leistungsdaten vorliegen.

ITF: Wieviele Fohlen züchten Sie im Durchschnitt, wer sind ihre Käufer und welche Ansprüche stellen diese? Wie alt sind die Pferde im Durchschnitt, wenn sie verkauft werden? Wo finden sie ihr Einsatzgebiet?
U. D.: Wir bekommen 10 – 12 Fohlen pro Jahr. Unsere Käufer kommen aus dem In- und Ausland und sind sowohl Reiter (Sport- und Freizeitreiter) als auch Züchter. Manches Absatzfohlen findet bereits früh seinen Besitzer, andere werden bei uns angeritten, teilweise gehen die Pferde auch erst bei uns in die Zucht und werden bei entsprechend guter Nachzucht später abgegeben. Das ist ganz verschieden, da gibt es keine Regel.
Einige Pferde werden dann auch im Sport geritten, wie z.B. der Wallach GH Kagan, der in Österreich sehr erfolgreich in der klassischen Dressur vorgestellt wird. Oder auch die Stute GH Adara, die hier in Deutschland Distanzen bis 160 km erfolgreich bestritten hat.
Nicht alle Pferde treten später noch öffentlich in Erscheinung, weder sportlich noch in der Zucht. Wir erhalten jedoch manchmal 20 Jahre später noch Fotos und Briefe unserer Kunden, die einfach Danke sagen möchten für das tolle Pferd, was sie so viele Jahre begleitet hat. Oder Kunden, die auf jeden Fall wieder ein Pferd aus unserer Zucht kaufen möchten, nachdem ihr „altes“ Pferd nun in Rente gehen darf. Für uns als Züchter gibt es kaum keine größere Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben.

Mit dem selbst gezogenen Wallach GH Khaaba ( Khalif El Assuad / Nhaaba) *2003 nahm Ute Dill an den Europameisterschaften der Sport-pferde in Dänemark, Österreich, Schweden und Polen teil, nun ist er Lehr- und Turnierpferd für Tochter Luca.
Foto: Digitalfotografie Rau

ITF: Welchen Rat würden Sie jungen Züchtern geben, die sich eine Zucht aufbauen wollen?
U. D.: Viele Gestüte und Konzepte ansehen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Zucht viel Zeit braucht und eher eine Lebensaufgabe ist.

ITF: Die Kennzahlen der Zucht (Fohlengeburten, eingetragene Zuchtstuten und Hengste) sind im Abwärtstrend, das arabische Pferd gerät immer weiter ins Hintertreffen. Was sollte Ihrer Meinung nach von den verschiedenen Akteuren der Araberszene (Verband, Medien, Züchter, Besitzer) getan werden, um den Araber zu fördern und die Rasse bei Pferdeliebhabern und Reitern wieder mehr ins Bewußtsein zu bringen?
U. D.: Leider sind viele Züchter, manchmal aber auch die Reiter, „nur“ auf einen schönen Kopf fokussiert. Das mag unter anderem vielleicht auch an den Bewertungskriterien auf den Shows liegen. Die Reiteigenschaften kommen dabei definitiv zu kurz, denn nur auf dem Kopf eines Pferdes kann man ja bekanntlich nicht reiten. Und die Anforderungen an Show- bzw. Reitpferde sind einfach ganz andere. Als Beispiel: Wenn jemand mit einer Plastiktüte raschelt, dann erwartet der Reiter, dass sein Pferd nicht reagiert, vielleicht wurde vorher sogar extra ein Gelassenheitstraining absolviert, damit das so ist. Vom Showpferd hingegen wird genau das Gegenteil erwartet.
Etwas anders wird bei den Zuchtschauen gewertet, dort fallen in der Tat gute Reitpferdepoints ins Gewicht. Züchter sollten mehr Wert auf die genannten Zuchtschauen sowie auf Leistungsprüfungen ihrer Zuchtpferde legen. Das ist natürlich ein Kostenfaktor, daher sollte das gerittene Pferd auf jeden Fall seitens des Verbandes auch finanziell gefördert werden, sei es z.B. über ausgeschriebene Preisgelder oder auch über die Erstattung von Boxengeldern bei Veranstaltungen.
Als Züchter muss man sich darüber Gedanken machen, für welche Käufergruppe man Pferde züchten möchte, und dementsprechend sollte man dann auch bei seinen Zuchttieren Schwerpunkte setzen. Und letztendlich schließen gute Reitpferdepoints ja einen schönen Kopf nicht aus.

ITF: In welchen Einsatzbereichen sehen Sie die Zukunft des Vollblutarabers?
U. D.: Der Vollblutaraber ist ein vielseitig einzusetzendes Pferd mit vielen Qualitäten. Das ist, glauben wir, ein großer Vorteil gegenüber anderen Rassen. Ob als Familienpferd, Dressur-, Spring- oder Westernpferd, kaum eine andere Rasse ist so intelligent, lernwillig und menschenbezogen wie der Vollblutaraber.

ITF: Besten Dank für diese Einblicke in Ihre Zucht und weiterhin viel Erfolg mit Ihren Pferden!
Das Interview führte Gudrun Waiditschka