Geht das Welt-Championat nach Qatar?

Die englische Araberzeitschrift „The Arabian Magazine“ hat am 10. Februar (17:20h) auf ihrer Facebook-Seite die „Breaking News“ gebracht, dass soeben der Vertrag unterzeichnet wurde, dass das Welt-Championat 2023 und 2025 in Qatar abgehalten wird. Fünf Stunden später kam die Reaktion der ECAHO, dass die ECAHO weder gefragt noch informiert wurde, und sie dieses erst auf der nächsten Sitzung diskutieren müsse. Interessanterweise ist Christianne Chazel, Organisatorin des Welt-Championats in Paris, die Vize-Präsidentin der ECAHO. Soweit die Fakten.

Aber spekulieren wir doch etwas über die Zukunft…:

Das letztjährige Welt-Championat fand ohne den Rahmen des Salon du Chevals (Pferdemesse) statt, und war von daher schon ein Rückschritt. Wer sich dann die Ergebnisse der letzten Schau in Paris anschaute, dem kamen bei bei den Hengsten die Tränen! Ganze fünf Hengste waren angetreten, außerdem Equator, der sich seinen Platin-Titel abgeholt hat (für den er aber nur „anwesend“ sein muß). Damit läßt sich in der Tat „kein Staat“ mehr machen. Klar, es war ein Corona-Jahr, und durch die wenigen Schauen, die das Jahr über stattfanden, waren auch weniger Pferde im Training. Aber trotzdem – nach 40 Jahren „Paris World Championships“ ist der Glanz verblasst.

Der eine Punkt ist also die Anzahl der Pferde, der andere, woher die teilnehmenden Pferde kommen. Und diese kommen seit etlichen Jahren (geschätzt) zu 80% aus den arabischen Ländern – was also liegt da näher, als die Schau in die arabischen Länder zu verlegen? Am besten auch noch den All Nations Cup, denn dann müssen die armen Tiere nicht pausenlos durch die Gegend geflogen werden. Das erspart den Pferden Stress und Magengeschwüre, ist damit auf jeden Fall ein Beitrag zum Tierschutz und vielleicht sogar auch einer zum Umweltschutz!

Aber dann gibt es da auch noch einen finanziellen Aspekt: Die Katara-Schau, die nun als künftiger Ausrichter des Welt-Championats gehandelt wird, bietet auf ihrer (jetzigen) Schau Preisgelder, und zwar nicht zu knapp: Das Senioren-Goldchampionat ist mit rund 250.000 € dotiert, und selbst ein 6. Platz in der Jährlingsklasse bringt noch 2.500 € ein. Logisch, dass das Preisgeld für das Welt-Championat diese Dotierung noch toppen wird. Die ECAHO erhält 3% des Preisgeldes als Abgabe, woraus sie den Breeders-Fund und die Sportförderung finanziert, was auch den europäischen Züchtern zugute kommt, beispielsweise beim Nationalen Championat oder den High-Point-Awards. Also auch in dieser Hinsicht wäre eine Verlegung der „High-End-Schauen“ nach Middle East nur von Vorteil, denn damit wird der Geldtopf der ECAHO gefüllt!

Und seien wir doch ehrlich: Wieviele Europäer nehmen noch an diesen High-End-Schauen teil? Man kann sie an zwei Händen abzählen. Dennoch prägen die Schauen bzw. die siegreichen Pferde die Wahrnehmung des „Otto-Normal-Liebhabers“ von arabischen Pferden auch hierzulande. Um aber in diese ECAHO-„Schauschablone“ zu passen, um siegreich zu sein, wurde das “arabische Schau-Pferd” systematisch kaputtgezüchtet. In einem Wegfall der High-End-Schauen auf europäischem Grund sehe ich daher durchaus eine Chance, dass sich das Bild des Arabers in der Öffentlichkeit wieder verbessern könnte, und dass sich die europäischen Züchter wieder auf ihre alten Qualitäten zurückbesinnen, nämlich funktionale, athletische UND hübsche Pferde zu züchten. Vor diesem Hintergrund: Meinen Segen zum „Verkauf“ des Welt-Championats – und sei es auch nur peu à peu – nach Qatar haben sie! Und träumen darf man ja wohl…
Gudrun Waiditschka