Züchten statt Vermehren

Fohlen-KloneV2-300pxEs flattert einem ja so manche Werbung ins Haus – elektronisch meist, im Email-Postfach. Da liest man dann von einer Versteigerung im benachbarten Belgien, bei der eine Stute unter den Hammer kam, die in 5 Zuchtjahren 18 Fohlen per Embryotransfer brachte, mit einer Ausnahme alles Vollgeschwister; eine andere Stute bringt es auf 14 Fohlen in 6 Zuchtjahren, wiederum mit einer Ausnahme alle Fohlen von demselben Hengst. “Ausgelutscht und weggeworfen” kommt mir da in den Sinn… Der betreffende Hengst wiederum bringt es in 7 Zuchtjahren auf über 400 Fohlen, die große Mehrheit bei ein und demselben Züchter. Aber nein, “Züchter” ist das falsche Wort – für mich handelt es sich dabei um Vermehrung, denn “züchten” ist die wohlüberlegte Anpaarung zweier Individuen, nicht Versuch und Irrtum.
Unwillkürlich drängt sich mir die Frage auf, was denn mit all den daraus resultierenden Fohlen passiert? Wir kennen ja den Markt: Gute Preise werden nur für Pferde bezahlt, die sich wirklich überragend auf dem internationalen Schauparkett bewegen. Da aber findet man diese gar nicht so häufig, wie man meinen sollte. Sollte also doch etwas dran sein, dass ein Großteil der nicht für Aachen, Paris oder Scottsdale in Frage kommenden Hengstfohlen verschenkt wird, billig (oft) ohne Papiere über Zwischenhändler verkauft wird, oder einfach „verschwindet”…?
Nun könnte man das billige oder kostenlose Abgeben an ein begeistertes “Pferdemädel” ja noch unter dem Deckmäntelchen des Tierschutzes für gut heißen – besser verschenken, als zum Schlachter bringen. Die Auswirkungen aber auf den Markt und auf andere Züchterkollegen sind verheerend: Wo es süße Fohlen mit “berühmter” Abstammung umsonst oder für kleines Geld gibt, da geben die meisten potentiellen Käufer kein Geld mehr für ein Pferd aus – “Geiz ist geil” läßt grüßen!
Diese Auswüchse der Zucht ruinieren das Image der Rasse. Wenn Züchter ihre Pferde verschenken (müssen), weil sie sie sonst nicht “an den Mann” bekommen, ist keiner mehr bereit, wenigstens den “Gestehungspreis” für ein Pferd zu bezahlen. Das ist auch fatal für alle Züchter, die es sich nicht leisten können – und es sich nicht leisten wollen – ihre Fohlen zu verschenken. Die Konsequenz ist – sie hören auf zu züchten. Zudem dezimiert solche Massenproduktion die genetische Vielfalt der Rasse, wenn ein Fünftel des Fohlenjahrgangs eines Landes von einem Hengst abstammt. Und auch wenn dieses Extrembeispiel aus dem benachbarten Ausland stammt, hat es Auswirkungen auf den restlichen Markt in Europa, denn diese Pferde landen auch bei uns. Schließlich leben wir in einer globalen Welt.
Zum Glück gibt es noch Enthusiasten, die mit viel Engagement in kleinerem Stil züchten, die sich auf spezielle Nischen konzentrieren abseits von Massenproduktion, Mainstream und Modeerscheinungen. In einigen Jahren werden diese Nischen-Pferde gesucht sein. Erste Anzeichen gibt es dafür schon, denn frei von Modelinien ist tatsächlich für so manchen heute schon ein Prädikat. Noch gibt es sie, die Hengste, die eine Alternative bieten. Schön, arabisch und mit Reitpferdequalitäten, für die das arabische Pferd jahrhundertelang berühmt war. Einige solcher Hengste stellen sich in unserer “HengstParade” vor – viel Spaß beim schmökern.
Gudrun Waiditschka