Arabische Hengstlinien aus genetischer Sicht

In unseren vorherigen Artikeln dieser Serie haben wir uns mit dem Ursprung unserer modernen Rassen beschäftigt, uns bestimmte Merkmale angesehen und die verschiedenen Y-chromosomalen Haplotypen. In diesem vierten Teil gehen wir genauer auf die arabischen Hengstlinien ein.

Was sind Hengstlinien?

In den letzten 200 bis 300 Jahren, seit die Pferdezucht systematischer betrieben und Anpaarungen in einem Zuchtbuch oder Register eingetragen wurden, wurde eine große Anzahl von Hengsten zur Zucht herangezogen, aber nur ein Bruchteil dieser Hengste konnte eine Hengstlinie gründen, die bis heute existiert. Die Hengste, denen das gelang, waren in der Regel genetisch starke Vererber, die ihre Eigenschaften mit großer Sicherheit weitergaben, daher häufig eingesetzt wurden und deren Nachkommen dann entsprechend selektiert werden konnten. Eine Hengstlinie kann daher nur über mehrere Generationen entstehen und nicht von vornherein als solche „etabliert“ werden. Hengstlinien können als Instrument zur Typenkonsolidierung, zum Management von Inzucht und Linienzucht und zur Überwachung der genetischen Vielfalt verwendet werden.
Dasselbe gilt natürlich auch für die Araberzucht. Hier wurden im 19. Jahrhundert Hunderte, wenn nicht Tausende von Araberhengsten aus den arabischen Ländern nach Europa importiert. Viele von ihnen wurden für die Zucht verwendet, aber nur ein Bruchteil von ihnen konnte eine Hengstlinie aufbauen, die bis heute existiert. Diese Linie wird meist (im Nachhinein) nach dem einst importierten „Wüstenpferd“ benannt. Diese Pferde könnten vor +/- 200 Jahren (z. B. Bairaktar db, imp. 1817) oder vor +/- 40 Jahren (Amer db, geboren 1986) importiert worden sein. Während die Vorfahren und Abstammung dieser Wüstenpferde nur mündlich übermittelt wurden, wurde die Abstammung ihrer Nachkommen nach dem Import normalerweise sorgfältig in Zuchtbüchern registriert. Die männlichen Nachkommen eines solchen Wüstenhengstes führten die Hengstlinie in die Zukunft und daher gehen alle Mitglieder einer Hengstlinie in ihrer väterlichen Linie auf ein einziges Stammpferd zurück, das aus einem arabischen Herkunftsland importiert wurde. Solche Gründerhengste findet man daher ganz am „Anfang“ des Pedigrees in der obersten Linie. Heutzutage kann das 20 und mehr Generationen zurückliegen.
Bei manchen dieser Gründerpferde ist die Dokumentation ihrer „persönlichen Daten“ besser als bei anderen, was auch davon abhing, welche Bedeutung der Importeur oder der spätere Besitzer diesen Daten beigemessen hatte. So sind für einige Pferde alle relevanten Daten verfügbar, die sie als „Wüstenaraber“ identifizieren, d. h. Geburtsjahr, Stamm und Unterstamm (d. h. „marbat“ und „rasan“, zum Beispiel Saklawi Djedran) und Züchter (z. B. der Name des Beduinenstammes). Für andere Pferde hingegen liegen diese Informationen nicht vor, möglicherweise, weil sie von ihren Besitzern oder Importeuren als irrelevant angesehen worden waren oder im Zeitraum von bis zu 200 Jahren verloren gegangen und somit (nicht mehr) verfügbar sind. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass das fragliche Pferd keinen Stamm und Unterstamm hatte oder nicht von einem der Beduinenstämme gezüchtet wurde – es bedeutet nur, dass diese Informationen die Zeit nicht überdauert haben. Bei begründeten Anhaltspunkten, z. B. anhand der Einfuhrgeschichte und Angaben, wo das Pferd gekaufte wurde, etc. gilt das Pferd dennoch als „Wüstenaraber“ – frei nach dem Motto: „Im Zweifel für den Angeklagten.“

Genetische Beweise

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