Das Manifest (II) – kritisch hinterfragt

Interview mit Yasser Ghanim

Die Erhaltung des authentischen Arabischen Pferdes der Beduinen als eigenständige Population ist sicherlich notwendig – über den Weg dorthin kann man sich trefflich streiten. Yasser Ghanim stand Rede und Antwort, warum das „Manifesto“ nötig ist, und beantwortet unter anderem die Frage, warum beispielsweise Asil-Club und Al Khamsa nicht ausreichen.

ITF: Bitte lassen Sie mich vorweg anmerken, dass ich sehr für die Erhaltung der letzten „ursprünglichen“ autochthonen Populationen arabischer Pferde bin, die gemeinhin als „Wüstenaraber“ bezeichnet werden. Sie haben aufgrund ihrer genetischen Vielfalt definitiv einen hohen Wert, und sie sind ein kulturelles Erbe. Was wir hier diskutieren, ist, WIE dies erreicht werden kann. Was also ist das Ziel des Manifests?

YG: Eigentlich geht es bei unserer Initiative nicht nur um die autochthonen arabischen Pferdepopulationen. Wir akzeptieren arabische Pferde, egal wo sie gezüchtet wurden, solange sie unserer klaren Definition entsprechen.
In Bezug auf das Manifest geht es darum, die authentische Identität der Rasse zu bewahren, so wie sie während ihrer langen Geschichte bis in die Neuzeit war. Die [arabische] Kultur ist dabei der entscheidende Faktor. Wir sehen die Rasse sowohl als ökologisches als auch als kulturelles Produkt. Wir glauben, dass die Rasse in den letzten Jahrzehnten einige große Veränderungen in ihrer Identität und in ihren Eigenschaften erfahren hat. Wir denken, dass die Rasse weitgehend kommerzialisiert und ihrer Grundwerte beraubt wurde. Das Manifest diskutiert die eigentliche Bedeutung dessen, was ein arabisches Pferd ist und wie wir es für zukünftige Generationen erhalten können.

ITF: Wie unterscheidet sich Ihre Sicht auf das arabische Pferd von der Sicht der WAHO und von der aktuellen internationalen Wahrnehmung der Rasse? Warum unterscheidet sich das arabische Pferd, wie Sie es sehen, von dem, was wir heute haben?
YG: Das ist eine komplexe Frage. Es geht nicht nur um die WAHO, da gibt es viele Facetten. Erstens ist die WAHO-Definition ziemlich administrativ. Sie erlaubte seinen anfangs meist nicht-arabischen Mitgliedsländern, eigene Definitionen [dessen, was ein arabisches Pferd ist] zu besitzen. Diese Definitionen entsprachen nicht immer den Definitionen und Kriterien der arabischen und beduinischen Kultur, wie z. B. dem Fehlen von ‚Hujna’ [Unreinheit], was dazu führte, dass ein hoher Prozentsatz von Pferden, die einheimische europäische Vorfahren in ihren Stammbäumen enthielten, trotzdem als „reinrassige Araber“ [Vollblutaraber] bezeichnet wurden. Zweitens hat die WAHO keinen Korrekturmechanismus, um bekanntes nicht-arabisches Blut zu eliminieren. Fremdblut, durch die Einkreuzung von Englischen Vollblut (xx)-Linien, kann heute mit den Mitteln der modernen Wissenschaft nachgewiesen werden. Jüngste genetische Studien zeigen bis zu 62 % xx-Blut in vielen Rennlinien, was große Fragen aufwirft, ob diese Pferde weiterhin „Araber“ genannt werden sollten. Drittens hat die moderne Vorstellung eines arabischen Pferdes die Bedeutung von Typ und Aussehen über den Rest der Merkmale gestellt. Es entwickelte sich ein völlig neues System, mit dem der Phänotyp des arabischen Pferdes von seinen funktionellen, mentalen und psychischen Eigenschaften, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben, abgetrennt wurde. Dies hat zu großen physischen und genetischen Veränderungen in der Rasse geführt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mainstream-Zuchtszene weltweit heute entweder aus stark mit Fremdblut verkreuzten Rennpferden oder aus stark dysfunktionalen Showpferden besteht, zu denen sowohl asile als auch nicht-asile Pferde gehören.

ITF: Sie versuchen also, den Asil-Araber mit seinen ursprünglichen Wüstenqualitäten zu erhalten, das kann ich verstehen. Aber wollen Sie andeuten, dass die WAHO-Pferde, die Ihrer Definition nicht entsprechen, keine Araber sind?
YG: Zunächst muss ich sagen, dass wir keine Gruppe von Pferden diskriminieren. Es gibt unzählige Rassen, die unterschiedlich viel arabisches Blut führen und für das, was sie sind, großartige und brauchbare Pferde sind. Wir sind gegen die bürokratische Mehrdeutigkeit, gegen das bekannte und bewiesene Fremdblut (Hujna), gegen den Verlust von Eigenschaften und nicht zuletzt gegen das Fehlen des kulturellen Rahmens. Wir machen im Manifest eine sehr klare Aussage: Der Asil-Araber ist keine Untergruppe dessen, was die WAHO als „reinrassiger Araber“ definiert. Es gibt aus zwei Hauptgründen keinen „nicht-asilen Araber“:

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Lesen Sie dazu auch den Beitrag “Das Manifest zum Arabischen Pferd (I)