Wenn nicht jetzt, wann dann?

Die Absage des All Nations Cups (ANC) kam für einige etwas überraschend, für andere weniger. Die Begründung, dass die Corona-Situation nach wie vor unkalkulierbar und das finanzielle Risiko zu groß ist, ist vermutlich nur die halbe Wahrheit – aber darum geht es hier gar nicht.
Ich betrachte die Absage als eine Chance, dass der VZAP jetzt endlich aus dieser überkandidelten Schauszene – oder besser „Show-Szene“, und hier sind in erster Linie die A- und Titel-Schauen gemeint – aussteigt. Für immer. Eine Szene, die wenig Rückhalt in der Züchterschaft hat – denn nur eine Handvoll Pferde deutscher Aussteller ging in den letzten Jahren am ANC an den Start. Eine Szene, die unter Tierschutzaspekten mehr als fragwürdig ist – und eines Zuchtverbandes unwürdig. Eine Szene, die am Geldhahn der arabischen Länder hängt – wo „Bakschisch“ und Vorteilsnahme an der Tagesordnung sind. Eine Szene, die Skandale hervorbringt – die dann tunlichst schnell unter den Teppich gekehrt werden. Eine Szene, die einigen wenigen nützt, insbesondere den Trainern und Händlern – die aber der Zucht, dem Ruf der Rasse und vor allem den Pferden schadet.
Aber ich höre schon wieder das Mantra, dass der Verband den ANC zum (finanziellen) Überleben braucht. Dabei hat die Mitgliederversammlung schon mehrmals den Auftrag gegeben, ein „Szenario“ ohne ANC zu entwickeln. Meist wurden als Gegenargument die hohen Personalkosten genannt, die nicht zu bezahlen wären ohne die Einnahmen aus dem ANC. Nun haben jedoch in letzter Zeit zwei Mitarbeiter den Verband auf eigenen Wunsch verlassen, die – ohne die Organisation des ANC und bei sinkenden Mitgliederzahlen und Fohlengeburten – auch verzichtbar sind. Bevor also neue Mitarbeiter eingestellt werden, sollte über eine Alternative ohne ANC nachgedacht werden. Und zwar jetzt – denn jetzt wäre die Gelegenheit!
Viel zu lange hat der „kleine Züchter“ darunter gelitten, dass die „Show-Szene“ den Ruf der Rasse kaputtgemacht hat. Das Bild des völlig panischen, verrückten, nicht kontrollierbaren Arabers hat seinen Ursprung in diesen „Shows“, wo es wichtiger ist, dass Pferde mit viel Steigen und Hüpfen „eine Show abziehen“, statt ordentlich zu traben, um ordentlich beurteilt zu werden. Wo nur noch „gezirkelt“ wird, und kaum ein Pferd eine Länge der Bahn ohne Ausfall traben kann (oder darf). Wo nicht selten mißhandelte Hengste agressiv gegen ihren Vorführer werden oder panisch Richter und Ringstewards über den Haufen rennen. Man kann eigentlich nur froh sein, dass es bislang nur zu wenigen ernsthaften Unfällen gekommen ist.
Es wäre daher an der Zeit, dass sich der VZAP von dieser Art der „Show-Szene“ verabschiedet. Und wenn man es richtig anstellt, könnte der VZAP sogar zur Speerspitze gegen diese ausufernde „Show-Szene“ werden, er könnte sich zum Anwalt der Pferde machen und zum Anführer für einen tierschutzgemäßen Umgang mit ihnen. Die Mehrheit der Züchter hätte er dabei sicherlich auf seiner Seite.
Gudrun Waiditschka