“Königliche Pferde” – Resultat einer Sammelleidenschaft

Königliche Pferde - Titel-220pxMitten drin im Jubiläumsjahr, das Haupt- und Landgestüt Marbach feiert das 200-jährige Bestehen seiner sogenannten Weil-Marbacher Vollblutaraberzucht, hat die Journalistin und Araberexpertin Gudrun Waiditschka mit »Königliche Pferde – Die arabische Pferdezucht der württembergischen Könige« ein sorgfältig recherchiertes, umfassendes wie schönes großformatiges Buch vorgelegt.
Es verbindet Pferdezucht- und Landesgeschichte und ist damit nicht nur für Züchter und Freunde arabischer Pferde lesenswert.

Dem ersten, jetzt erschienenen Band, der die Zeit des Württemberger Königs Wilhelm I. (1817 bis 1864) beschreibt, soll die Geschichte der Pferdezucht in der verbliebenen kurzen Zeit der Monarchie mit König Karl und Wilhelm II bis 1932 folgen. In dem Jahr wurden die Pferde der Not der Wirtschaftskrise gehorchend dem Land übergeben. »Vielleicht wird es noch einen dritten Band geben, der die Marbach-Zeit beschreibt«, stellt Gudrun Waiditschka, die auf den Fildern lebt und in der Welt zuhause ist, in Aussicht. An Material mangelt es der Journalistin und Herausgeberin der Fachzeitschrift »Arabische Pferde – In the Focus« nicht. Ihr Archiv füllt Festplatten und Räume.

»Ich bewahre immer alles auf«, sagt die Buchautorin über ihre schon dreißig Jahre währende Sammelleidenschaft. Gudrun Waiditschka ist und fotografiert überall dort, wo auf der Welt etwas mit arabischen Pferden los ist, bei Championaten, Turnieren, Zuchtschauen, Distanzrennen. Sie kennt die Araberzuchten auf der ganzen Welt. »Als Teenager las ich Erika Schiele’s “Araber in Europa”, darin war eine Karte mit den araberzüchtenden Staatsgestüten. Alle diese Gestüte einmal zu besuchen war mein Kindheitstraum, den habe ich mir erfüllt«, erzählt Waiditschka, die natürlich mit ihren Kameras ständiger wie gern gesehener Gast in Marbach ist. Vor allem im Jubiläumsjahr.
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An die Hufe der Weil-Marbacher Vollblutaraber hat sich die Biologiestudentin schon 1986 für eine Semesterarbeit an der Uni Hohenheim geheftet, die das Größerwerden der Weiler Araber zum Thema hatte. Dafür hatte sie die Skelette der von Wilhelm importierten Orientalen, die an der Tierarzneischule Stuttgart präpariert worden waren, in der Zoologischen Sammlung der Uni vermessen und dokumentiert. So konnte sie quasi nebenbei einen Irrtum aufklären und damit die Ehre des Hengstes Goumousch-Bournou wiederherstellen, dem in einer früheren wissenschaftlichen Arbeit Kaltblut-Vorfahren unterstellt worden waren. »Da sind beim Skelettaufbau die Unterkiefer verschiedener Pferde verwechselt worden«, konnte die Biologin nachweisen, die fortan mehr wissen wollte über die Pferde, an denen König Wilhelm I. einen Narren gefressen hatte. Für die er, um sie zu bekommen, weder Kosten noch Mühen gescheut hatte.

Viele seiner Edlen aus dem Orient hat der Monarch malen lassen. Natürlich den Schimmelhengst Bairactar, den Gründervater der Weil-Marbacher Zucht, Tajar, der zusammen mit ihm in Weil ankam, die Stuten Hasfoura und Anusa, und viele weitere, die im Buch abgebildet sind. Sehenswert sind auch die historischen Fotos des Marstalls in Stuttgart, eines großzügigen Baus auf der Unteren Königstraße, der längst hat weichen müssen. Schön auch die Ansichten von der der Zucht den Namen gebenden Domäne Weil, dem damaligen königlichen Privatgestüt, samt weiterer Domänen damals und heute. Gudrun Waiditschka hat viele dieser Bilder, vor allem die der Pferde, wie eine Detektivin suchen müssen, »etliche sind noch nie veröffentlicht worden«. Sie ist in Staatsarchiven und bei Privatbesitzern fündig geworden und ist weit gefahren für ihre Recherchen. »Ich habe nächtelang am PC gesessen und Literatur gelesen.« Online gestellte Zeitschriften der Nationalbibliotheken machten es möglich.
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Vier Jahre lang hat sie für das Buch recherchiert, war immer wieder in den Archiven, um Dokumente explizit zur Zeit Wilhelm I. zu sichten, und um sich in die Handschriften von damals einzulesen. »Das war die schlimmste Zeit, bis ich Wilhelms Schrift entziffern konnte«, beschreibt sie. »König Wilhelm hatte eine Sauklaue. Allerdings hat er Interessantes über sein züchterisches Wirken hinterlassen.« Weil der Monarch in seiner Zeit rund 1 100 Fohlen gezüchtet hatte und alles darüber akribisch aufgeschrieben hat, kann sich Gudrun Waiditschka ans Werk machen, das als verloren geltende Stutbuch I von Weil zu rekonstruieren. »Das hat noch keiner aufgearbeitet.«

Aus Briefwechseln, Rechnungen der Stallmeister während ihrer Aufenthalte bei Pferdekäufen im Orient, Listen und Aufschrieben hat Waiditschka die Mosaiksteinchen der Zuchtgeschichte zu einer Form zusammengetragen, die es in dieser Ausführlichkeit bislang noch nicht gab. Dabei ist das Buch übersichtlich gegliedert. Die Entstehungsgeschichte der Weil-Marbacher-Araberzucht ist grau hinterlegt, wo es wissenschaftlich wird, hat Gudrun Waiditschka Blau als Hintergrund gewählt, schließlich die Farbe Rot für die künstlerischen Darstellungen: Die Pferdegemälde von Johann Friedrich Steinkopf und Rudolf Kuntz, der Hofmaler Wilhelms. Natürlich die berühmten Darstellungen des Königs auf Bairactar von Albrecht Adam bis hin zu den steinernen Rossebändigern in Stuttgart von Ludwig von Hofer und natürlich den Reiterstandbildern des Hofbildhauers.
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Tabellen mit Namen der importierten Pferde, eine Auflistung der Hengste und Mutterstuten, Karten mit Reiserouten der beauftragten Pferdekäufer nach Syrien, Persien und auf die arabische Halbinsel und ein Who ist Who der damaligen Szene runden das Geschichtswerk ab. »Ich habe nichts ausgelassen, was die Pferde angeht«, bekennt Gudrun Waiditschka. »Ich konnte es nicht.«
Julie-Sabine Geiger

Diese Rezension wurde erstmals im Reutlinger Generalanzeiger vom 23.08.2017 veröffentlicht. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin.


Leserstimmen

“Erst einmal ganz herzlichen Dank für die prompte Übersendung Ihres Buches über Weil-Marbach. Ich kann nur sagen Chapeau, historisch wie ich Sie kenn bis in die kleinigkeiten, mit Fotos, die ich persönlich noch nicht gesehen habe und mit einer äusserst geschmackvollen Präsentation. Ganz toll.”
Marion Hinck, Spanien

“Das Buch hat meine Erwartungen übertroffen. Die Zeitgeschichte ist sehr gut recherchiert und überaus spannend geschrieben. Geschichten, die das Leben schrieb, sind eh die besten. Eine wunderbare Lektüre für geschichtlich Interessierte. Für alle Pferdefreunde, nicht nur für Arabitis-Kranke.”
Margit Zippold, gelernte Buchhändlerin, Redakteurin, Autorin, Fachfrau für Sättel

“Es ist wirklich der helle Wahnsinn, wieviel Recherchearbeit in diesem Buch steckt – und ich habe es bisher nur mal durchgeblättert.”
Oliver Seitz

“Ich habe heute das Buch bekommen, es wirkt sehr hochwertig im Gesamteindruck und ich freue mich darauf, es zu lesen.”
Sabrina Scherling