Die belgische Richterin und Distanzpferdezüchterin Nelly Philippot beurteilt das Exterieur verschiedener Pferde, insbesondere unter Berücksichtigung ihrer Gebrauchsfähigkeit. Wir beginnen mit einem 8jährigen Hengst aus Rennlinien.
Typ: Dieser 8jährige Hengst ist definitiv ein arabischer Rennhengst. Seinen Kopf kann man auf dem Bild nicht deutlich sehen, aber offensichtlich hat er keinen dish. Er hat ein feines Maul und dünne Haut, genug Schweifhaltung (da er nur dasteht). Sein Geschlechtstyp ist befriedigend (schön geschwungener Hals), die Oberlinie ist gut genug für ein Sportpferd, aber nicht das, was der Schauring verlangt.
Harmonie: Das Pferd ist kompakt und im Quadratformat (gelber Rahmen), was bedeutet, dass Widerristhöhe und Körperlänge gleich sind. Wenn wir seinen Körper in drei Teile teilen (Hinterhand, Mittelhand, Vorhand), sind seine Hinterhand und Vorhand kürzer als die Mittelhand; ideal wäre, wenn alle drei Teile gleich sind. Seine Beine sind zu leicht für den Körper, insbesondere die Gelenke.
Hals: Die Länge des Halses ist gut, er ist ideal aufgesetzt für maximale Effizienz, während er als Balancierstange genutzt wird (i.e. verlängern und verkürzen des Halses in Schritt und Galopp, was in diesen beiden Gangarten hilft, die Schrittlänge zu vergrößern (dies betrifft den Trab nicht so sehr). Der Hals ist gut aufgesetzt in einem 45°-Winkel zum Körper und schön geschwungen. Der Übergang zum Widerrist ist fließend, ebenso zum Kopf.
Körper: Der Körper ist harmonisch und gut verbunden. Die “Schwimmlinie” (oder “Wasserlinie”, d.h. eine Linie (f) vom Drehpunkt der Hüfte (6) zum Drehpunkt der Schulter (9); letzterer ist 1/3 der Schulterlänge) ist bergauf, nicht bergab, womit das Pferd lenkbar ist. Der Drehpunkt der Schulter ist definiert, als der Punkt der Schulter von dem der untere Teil des Schulterblattes in der Bewegung sich nach vorne bewegt, während der obere Teil des Schulterblattes sich nach hinten bewegt.
Der Hals ist gut angesetzt und der Widerrist gut ausgeprägt, könnte aber etwas weiter in den Rücken reichen. Die Schulter (a) ist steil, aber lang; der Oberarm (b) ist lang und gut gewinkelt, mit einem Winkel von etwa 90° gegenüber der Schulter, was für einen guten Raumgriff nach vorne sorgt.
Die Oberlinie ist kurz, etwas eingetieft, aber in der Lende gut verbunden, der Schweifansatz ist tief. Der Körper ist tief über die gesamte Länge, mit genügend Gurtlage.
Die Kruppe ist kurz (d.h. kurzes Becken (c)), aber gut ausgerichtet (β – 45° gegen die Horizontale), wodurch maximale Effizienz in der Vorwärtsbewegung erreicht wird. Der Oberschenkel (d) ist recht kurz, und dadurch die Position des Knies (7) hinter der Senkrechten, die vom Hüfthöcker nach unten führt.
Der Winkel zwischen Becken (c) und Oberschenkel (d) ist gut, ca. 90° (γ), was maximale Effizienz in der Bewegung erlaubt. Die Muskeln der Hinterhand reichen nicht genügend weit nach unten zu den Sprunggelenken (8), wodurch längere Sehnen nötig werden, die aber schwächer sind als Muskeln (Sehnen können schlechter trainiert werden und brauchen länger zu heilen, wenn sie verletzt sind).
Beine: Generell kann man sagen, dass die Gelenke, insbesondere die Sprunggelenke für die Körpermasse des Pferdes zu schwach sind.
Vorderbeine: Ein guter Punkt sind die kurzen Röhrbeine, aber der Unterarm ist zu schwach bemuskelt. Etwas geschnürt unter dem Karpalwurzelgelenk (4). Die Fesseln sind eher schräg und verstärken dadurch den Stress auf die tiefe Beugesehne.
Hinterhand: Die Sprunggelenke sind viel zu schwach, und der Winkel (δ) zu offen, wodurch ein steiles Sprunggelenk (8) entsteht. Dem Pferd fehlt die Muskulatur an den Unterschenkeln; es ist geschnürt unter den Sprunggelenken.
Fazit: Seine Bewegungen, insbesondere der Galopp ist vermutlich raumgreifend; der schwächste Punkt des Pferdes sind vermutlich die Sprunggelenke.
Nelly Philippot