“Die Freizeitreiter” sind eine reichlich undifferenzierte Gruppenbezeichnung, und dennoch stellen sie den größten Absatzmarkt für unsere Vollblutaraber dar. Aber worauf achtet der Freizeitreiter, wenn er einen Vollblutaraber kaufen will?
Frühjahrszeit ist Fohlenzeit – aber welche Bestimmung wird dem Fohlen mit in die Wiege gelegt? Wird es Zucht-, Schau-, Reit-, Distanz-, Rennpferd? Wohl kaum, denn eine ernsthafte “Karriere” – egal in welcher Disziplin – ist nur etwa 10% der Pferde vorbehalten. Der größte Teil unserer Vollblutaraber findet als “Freizeitpferd” einen neuen Besitzer. Aber worauf achtet der potentielle Besitzer beim Kauf eines Freizeitpartners?
Umfragen unter Freizeitreitern
Wir haben in einer Internetumfrage rund 500 Freizeitreiter, die sich in den letzten fünf Jahren einen Vollblutaraber gekauft haben, nach ihrer Kaufentscheidung gefragt. Zuerst wollten wir wissen, wie sich die Geschlechter bei den Pferden verteilen – und da haben – entgegen vieler Meinungen – die Wallache die Nase vorn. Mit knapp über 50 % liegen sie in der Gunst der Freizeitreiter vorne, die Stuten folgen mit 40 %, und 10 % entfallen auf Hengste. Wenn man – rein gefühlsmäßig – früher das Gefühl hatte, dass jeder Hengst auch Hengst bleiben muß, so scheint hier ein Wandel stattgefunden haben, und die Wallache sind in der Beliebtheitsskala an die Spitze geklettert – und das ist gut so. Wallache sind meist ausgeglichener, als die von Rossen geplagten Stuten, die oftmals zickig sind. Und Hengste sind zum einen nichts für Anfänger, zum anderen komplizieren sie die Haltung enorm, will man ihnen ein artgerechtes Leben ermöglichen. Und wer waren die Käufer? Hier gab es keinerlei Überraschung: 95 % der teilnehmenden Freizeitreiter waren weiblich, lediglich 5 % Männer haben an der Umfrage mitgemacht. Das aktivste Alterssegment beim Pferdkauf waren mit 54 % die 30-50jährigen, gefolgt von den unter 30jährigen (34 %) und den über 50jährigen (14 %). Da wir keine weiteren Fragen zur Lebenssituation unserer Pferdebesitzer gestellt haben, wäre eine weitere Interpretation natürlich etwas spekulativ.
Schaut man sich allerdings den Kaufpreis der Pferde an, so merkt man gleich, dass hier eine “Schieflage” vorliegt: 63 % – also fast zwei Drittel aller Pferde haben zwischen 1000 und 5000 €
gekostet, 7 % gar unter 1000 €, wobei es sich hier oftmals um Notfälle gehandelt hat. Die Mehrheit der Pferde (39 %) war 4-10 Jahre alt, also im besten Alter und sofort einsetzbar. Viele Freizeitreiter haben aber auch ein Jungpferd im Alter von 1-3 Jahren gekauft (34 %), um mit ihm den gesamten Ausbildungsweg gemeinsam zu gehen. Fohlen waren nicht sehr gefragt (14 %), genausowenig wie – und das ist eher überraschend – Pferde, die über 10 Jahre alt sind (13%), wo doch der Araber in dem Alter immer noch gut 10-15 Jahre leistungsfähig bleibt. Von diesen Pferden waren rund 30% angeritten oder reiterlich ausgebildet, der Rest war mehr oder weniger roh, bzw. gerade mal halfterführig und schmiedefromm. Im reitfähigen Alter waren also 52 % der Pferde, aber nur 30 % waren tatsächlich angeritten. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Wer als Züchter in die reiterliche Ausbildung investiert, möchte sich diese auch bezahlen lassen. Dies ist aber bei einem Preis von unter 5000 € nicht möglich. Auch wenn es die Fragestellung nicht detailliert hergibt, so kann man annehmen, dass die reiterlich ausgebildeten Pferde zur Gruppe derer gehörten, die über 10.000 € gekostet haben.
Warum ein Vollblutaraber?
Kommen wir zur Frage, was den Käufer zu einem Vollblutaraber geführt hat. Hier dürfte die Antwort: “Schönheit” und “Charakter” mit über 50 % kaum überraschen. Die reiterlichen Aspekte mußten dahinter zurückstehen (36%) und beim Rest war es schlicht und ergreifend Zufall. Was aber war nun für den Kauf des jeweiligen Pferdes, über das wir ausgefragt hatten, ausschlaggebend? Hier hätten die Züchter sicher gerne gelesen, dass der makellose Stammbaum und die Leistungsnachweise der Eltern, sei es in Sport oder Schau, ausschlaggend wären. Weit gefehlt – die am häufigsten genannte Antwort war schlicht und ergreifend “Liebe auf den ersten Blick”, gefolgt von “das Pferd hat mich ausgesucht” (zusammen rund 53 %), während der Leistungsaspekt und das Pedigree zusammen nur auf 21 % kamen. Und ein “schöner Kopf” lag noch immer vor “die Leistung überzeugte”. Nun kann letzteres natürlich nur für die 30% der angerittenen Pferde gelten, so dass der Vergleich nicht ganz schlüssig ist. Aber zusammenfassend kann wohl gesagt werden, dass der Käufer ein Pferd sucht, das auf ihn zugehrt, das hübsch anzuschauen ist, und charakterlich “stimmt”. Diese Kriterien sind offenbar wichtiger als Leistung, Pedigree, etc.
Araber sind Seelenpferde
Zuversichtlich sollte uns stimmen, wie die Besitzer ihre Pferde beschrieben: “Seelenpferd, ein Schatz!” stand hier an der Spitze gefolgt von “Bestes Pferd, das ich je hatte” – womit wir wieder bei den positiven Charaktereigenschaften wären. Und noch ein weiterer positiver Aspekt: Araber sind gesund! Das Kriterium “Robust und gesund” landete auf dem zweiten Platz, wohingegen nur etwa 7 %
der 500 Pferde Gesundheits- und Gebäudeprobleme haben. Auch “rittig und bequem”, sowie “ruhiges Verlasspferd” wurden viermal häufiger genannt, als “schwierig im Umgang, nervös” und “schwierig zu reiten”. Damit attestieren die Araber-Besitzer ihren Tieren einen weit besseren Charakter, als diese in der allgemeinen (reiterlichen) Öffentlichkeit genießen.
Wozu werden denn nun die Pferde von ihren Freizeitreitern verwendet? Rund 45 % beschäftigen sich mit ihrem Araber nur “vom Boden aus”, verzichten also – aus welchen Gründen auch immer – auf das Reiten. Die meisten Reiter genießen den Aus-, Wander- oder Distanzritt mit ihrem Partner Pferd in der Natur, vor der Dressurarbeit auf dem Platz oder der Halle. Etwas abgeschlagen folgen Western und Springen.
Ein abschließend positives Urteil fällten über 90 % der rund 500 Araberbesitzer, sie attestierten “Den geb ich nie wieder her!”, “Mein nächstes Pferd ist wieder ein VA”, oder “Hat meine Erwartungen voll erfüllt” und/oder “Die Rasse ist besser als ihr Ruf”. Der (kleine) Rest von weniger als 10 % waren der Ansicht, dass ihr gemeinsamer Weg schwieriger war, als gedacht, dass die Rasse überbewertet sei, sich alle Vorurteile bestätigt hätten und sie nie wieder einen Araber kaufen würden (1%).
Zusammenfassend kann man sagen, der Freizeitreiter verliebt sich in seinen zukünftigen Partner, wobei Kopf und Charakter sicher die wichtigste Rolle spielen. Leistungsgedanken sind eher nebensächlich, der Preis unter 5000 € scheint aber ausschlaggebend.
Gudrun Waiditschka