Die nachfolgenden Beobachtungen wurden während der Europameisterschaften für Sport-Araber gemacht und sollen einen Hinweis darauf geben, wo man Leistungslinien innerhalb der arabischen Rasse finden kann. Natürlich gibt es zahlreiche Ausnahmen von dieser „Regel“, d.h. Pferde, die nicht den Kriterien entsprechen und dennoch gleich gute Leistungen erbringen, wie unsere Beispiele. Dennoch, die Ergebnisse von elf Jahren Top-Leistung mag einen Hinweis darauf geben, wo man nach Leistungspferden suchen muß.
DER URSPRUNG DER DRESSUR
Sieht man einmal von Rennen und Distanzreiten ab, so kann man die heutigen Sportdisziplinen in klassisch (Dressur, Springen, Vielseitigkeit) und Western (Reining, Trail, Pleasure) unterscheiden. Bevor wir untersuchen, welche Blutlinien für welche Aufgabe am besten geeignet sind, schauen wir einmal, wie sich diese Disziplinen entwickelt haben.
Die Klassische Dressur hat ihren Ursprung im 15. Jahrhundert und die Pferde, die dazu verwendet wurden, würden wir heute als „Barockpferde“ bezeichnen, mit starkem iberischen Einfluß. Es war eine Kunstform, wie sie noch heute von der Spanischen Reitschule in Wien, der Königlich Andalusischen Schule der Reitkunst, der Portugiesischen Schule der Reitkunst in Queluz (bei Lissabon) und dem Cadre Noir in Samur, Frankreich praktiziert wird. Dressur als Sportdisziplin wurde auf der Basis der Kavallerieschulen im 20. Jahrhhundert entwickelt. Als dann die Dressur ein Sportwettbewerb wurde, entwickelten sich die Sportpferderassen zusammen mit dem Sport in einer „Co-Evolution“: Die Regeln (und die Prüfungen) wurden den Pferden angepasst und die Pferderassen den Sportprüfungen und daher erwarten Dressurrichter auch ein gewisses „Standardpferd“ im Dressurring, sie erwarten, dass die Prüfungsteile nach einem gewissen „Standard“ ausgeführt werden. Das macht es schwierig für andere Rassen, die nicht diese Bewegungsmechanik eines Warmbluts haben, in offenen Wettbewerben zu bestehen – und die Araber sind hier keine Ausnahme.
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DIE BESTEN DRESSURPFERDE
Wenn wir dies klar machen, so ist es ganz verständlich, daß ein arabisches Dressurpferd wie ein „kleines Warmblut“ aussehen, und sich auch so bewegen muß, und wenn man die erfolgreichsten Araber anschaut, die auf Prix St. George-Niveau am Europa-Championat teilnehmen, so kann man das ganz klar erkennen: Pferde mit überdurchschnittlichen Bewegungen, mit kräftiger Hinterhand und guter Balance. Während den Jahren 2002-2010 und 2013-2014 (elf Jahre), hab ich die Sieger, zweit- und drittplazierten Pferde im Prix St. George angeschaut. Ganz oben finden wir den fünffachen Goldmedaillen-Gewinner Period (Drug / Progulka), ein russischer Araber aus herausragenden Leistungslinien. Sein Vater ist Drug, der einst das beste Rennpferd Europas war und gleichzeitig Europa-Champion in der Schau. Drug hat in Russland einige ausgezeichnete Nachkomen hinterlassen, alle mit fantastischen Bewegungen. Auf dem zweiten Platz kommt Padrons Khen Saabi (Padrons Kadar / Alba), ein Hengst, dessen Pedigree eine Mischung von russischem Blut auf der Vaterseite mit Crabbet, alten deutschen und amerikanischen Linien darstellt. Er geht auf Patron aus Russland zurück, genauso wie Padrons Must (Padrons Immage / Bint Pustinia), der auch in den obersten Rängen der Dressurpferde rangiert, aber mehr russischen Blutanteil hat und sogar auf Padron (v. Patron) ingezogen ist. Andere Pferde mit ganz oder teilweise russischem Blut sind Noginsk, gezogen in Russland von Gordon aus der Navigacia; Spirit MB aus Belgien, vom Russen Pobeg a.a.d Daicha, die auch einiges Englische Blut führt; MS Madrass aus Deutschland von Kamerton a.d. Marenh (siehe auch S. xx); der rein-russische Sanod (Pernod / Savanna); die halbe Russe Sharif III (v. Gips) aus einer spanisch-ägyptischen Mutter; und El Samalon (El Nabila B / Sonoma Delight) mit 50% russischem Blut.
Eine andere Gruppe sind die mit polnischem oder teilweise polnischem Pedigree. In dieser Gruppe übernehmen Estella (Mezallians / Edycia) und Carat (Cenzor / Clicia) die Führung. Die restlichen Pferde sind eine Mischung mit mehr oder weniger spanischen, russischen und „gemixten“ Linien, die von Fair Orkan (LM Polaris / Bint Quahir) angeführt wird. Es gab nur einen reinen Spanier, Kar Testo Rosso (Kar Testador / Zafarina) und ein Pferd aus englischen Linien, Aurilla Gold (Elegant Gold / Silver Auriole).
Insgesamt kann man daraus schließen, dass die Russischen Linien diese Disziplin dominieren, gefolgt von polnischen und spanischen Linien, während die Ägyptischen Linien, wenngleich weit verbreitet, kaum bzw. erst weiter hinten im Pedigree eine Rolle spielen.
REINING, DIE KÖNIGSDISZIPLIN IM WESTERNSPORT
Eine andere Disziplin, die bestimmte körperliche und mentale Voraussetzungen erfordert, ist Reining. Diese Disziplin hat sich aus der iberischen Arbeitsreitweise entwickelt, die zusammen mit den Pferden nach Amerika importiert und später in die Westernreitweise entwickelt wurde. Insbesondere die Rinderarbeit erfordert Bewegungen, die zum Teil noch immer in der Reining (aber noch stärker bei Cutting und Working Cow Horse) zu finden sind. Und wieder gibt es eine andere Rasse, das American Quarterhose, das auf diese Disziplin maßgeschneidert ist und umgekehrt. Das QH dominiert diese Disziplin in den offenen Wettbewerben und Reining ist die Königsdisziplin der Quarter Horses. Ähnliches, was wir über die Dressur gesgt haben, gilt auch hier, denn es ist schwer, den gleichen Score (Benotung) für einen Araber zu bekommen, der gegen ein Quarter Horse antritt, selbst wenn die Leistungen auf gleichem Niveau sind.
Es ist leicht ersichtlich, dass ein guter Reiner eine besonders starke Hinterhand braucht, gute Sprunggelenke und ein starkes Fundament; bergauf-gerichtete oder elastische Bewegungen sind nicht gefordert. Und wieder ist es ein rein russischer Hengst, der diese Disziplin in Europa anführt: Baikal (Balaton / Kashmir) mit drei Gold, drei Silber und einer Bronzemedaille. Bedenkt man, daß die Nachkommen von Balaton in Russland nicht gerade als „Leistungspferde“ bekannt sind – wobei „Leistung“ hier mit „Rennleistung“ gleichgesetzt wird – und bedenkt man, dass Balaton oftmals sehr lange Pferde gemacht hat, so ist Baikal in jeder Hinsicht ein Ausnahmehengst. Mittlerweile ist er 17 Jahre alt, und noch immer topfit und gesund auf den Beinen. IN der Zwischenzeit haben auch seine Nachkommen schon den Westernring erobrt. Ebenfalls aus überwiegend russsichen Linien stammt Manavka, die erste Europa-Championesse in Reining. Die nachfolgenden Sieger haben den Russen Muscat in ihrem Pedigree: Eysha Bint Muscateal und Muscateal’s Saphir, die beide Gold gewannen, und Shiney Muscalena (aus der Manavka), die zwei Silbermedaillen errang. Alle stammen sie von MHR Muscateal, der aus russischen, polnischen und amerikanischen Linien gezogen ist und 1995 selbst US National Champion in der Reining war und auch das Blut von Bask, dem bekannten polnischen Leistungshengst führt. Zid ibn El Zahim (El Zahim / Ornea) ist kein so typischer Vertreter für ein Reining-Pferd und stammt aus englischen Linien mit einem Tropfen polnischen und russischen Blutes. Auch einige polnisch gezogene Pferde waren an der Spitze der Leistungspferdein der Reining, namentlich Leksak und Garusz.
SPORTPFERDE WERDEN TYPVOLLER
Diese kurze Liste zeigt, dass russische und polnische Linien den Sport zu dominieren scheinen, nur gelegentlich unterbrochen durch etwas spanische oder englische Blutbeimischung. Aber warum ist dies so?
Seit Jahrzehnten hat Russland und Polen alle ihre Pferde auf der Rennbahn getstet, und England und Spanien unter dem Sattel als Reitpferd. Zugegeben, „Geschwindigkeit“ wird weder in der Dressur noch in der Reining gefordert, aber das Renntraining überprüft auch die Arbeitseinstellung, Bereitschaft, Gehorsam und Eignung. Und letztendlich braucht es für jede Sportdisziplin ein bestimmtes Maß an Sportlichkeit, die man in einem Rennpferd immer findet. Außerdem werden dabei die Gesundheit, Herz, Lunge, das Herz-Kreislauf-System überprüft und über viele Generationen werden dadurch die ungeeigneten Pferde aus der Zucht eliminiert. Diese Art der Selektion, selbst wenn es nur auf eine allgemeine Fitness abzielt, bringt ein Sportpferd hervor, das den anderen überlegen ist.
Manche sagen, dass diese Sportpferde nicht mehr wie ein Araber aussehen, sie sind nicht typvoll genug. Aber wenn man nach Scottsdale / USA geht, sieht man viele Pferde mit guten Leistungen und auch mit Typ. Das eine schließt das andere nicht aus. Und auch hier in Europa scheint es sich zu ändern. Der Spruch „die Hässlichen werden geritten, die Schönen gehen in die Schau“ ist überholt. Die Züchter haben realisiert, dass auch der Freizeitreiter ein hübsches Pferd vorzieht, und man kann eine Änderung im Aussehen der Reitpferde feststellen, aber auch in deren Pedigees. Unabhängig vom Europa-Championat, auf anderen Sportveranstaltungen sieht man auch (frühere) Schaupferde, oder Pferde mit berühmten Schaupferdelinien, z.B. auf der Vaterseite El Nabila B, Kubinec, Padrons Immage und Simeon Sadik – diese Pferde sind dann auch „hübsch“, und sie kombinieren dies mit Sportlickeit, für die der Araber einst bekannt war, als er noch ein Kriegspferd war. Es wird spannend sein, solche Pferde in Zukunft an der EM zu sehen.
Gudrun Waiditschka